In so ziemlich jedem Fitnessratgeber steht ein sehr wichtiger Satz: Niemals das Dehnen vergessen! Leider wird gerade im Kraftsport das Dehnen sehr häufig vernachlässigt. Verspannungen und eine eingeschränkte Beweglichkeit sind die Folge. Daher ist das Dehnen nach dem Sport fast ebenso wichtig wie das Training selbst. Die folgenden Übungen helfen dabei, die natürliche Beweglichkeit zu bewahren.
Warum überhaupt dehnen?
Zunächst einmal soll die Sinnhaftigkeit des Dehnens hinterfragt werden. Man unterscheidet primär zwischen statischem und dynamischem Dehnen, wobei bei letzterem die Endposition nicht gehalten, sondern durch leichtes „Federn“ ständig erweitert wird. Dadurch ist dynamisches Dehnen als Vorbereitung auf Bewegungen besser geeignet als statisches Dehnen, weshalb wir uns in diesem Artikel auch auf dynamisches Dehnen fokussieren möchten.
Dehnen dient vor allem dazu, die Beweglichkeit zu erhalten, beziehungsweise diese sogar zu erhöhen. Der Grund dafür, dass Dehnen die Beweglichkeit erhöht, liegt laut einer Studie von Dr. med. Gerrit Borgmann in einer veränderten Schmerzwahrnehmung. Mehrwöchiges Dehnen festigt zudem das Gewebe, weshalb der Dehnungswiderstand ansteigt. Mittel- und langfristig gesehen, führt Stretching auch zu strukturell-plastischen Anpassungsvorgängen beim kollagenen Material und verhilft damit zu einer dauerhaften Verbesserung der Beweglichkeit.
Ein Mythos, der sich sehr hartnäckig hält, ist jedoch, dass Dehnen als Prophylaxe gegen Verletzungen und Muskelkater zu sehen ist. Das Gegenteil ist der Fall. So kann sogar Dehnen allein laut einer Studie von Dr. Moosburger zu Muskelkater führen. Statisches Dehnen sollte daher nach ausgedehntem Krafttraining sogar vermieden werden.
Auch die Vorstellung, ein Muskel würde sich verkürzen, wenn er nicht gedehnt wird, ist falsch und wird von eben genannter Studie bestätigt. Die strukturelle Länge eines Muskels ist per se immer gleich, er „verkürzt“ sich nur bei einer Kontraktion, aber diese Verkürzung ist reversibel und wird gleich nach der Entspannung des Muskels wieder rückgängig gemacht.
Die besten Dynamic Stretching Übungen
Wie bereits erwähnt, hält man beim Dynamischen Dehnen nicht nur die Endposition einige Sekunden lang, sondern erweitert diese durch sanftes „Federn“ langsam aber stetig. Diese Grundregel sollte bei all den nachfolgend beschriebenen Übungen im Hinterkopf behalten werden.
Übung 1 – Seitliche Kniebeuge / Ausfallschritte
Bei dieser Übung werden die Innenseiten der Oberschenkel sowie die Unterschenkel effektiv gedehnt. Außerdem wird die Leisten- und Hüftmuskulatur mobilisiert und Körpermitte und Beine werden gestärkt.
Ausführung:
- Aufrecht hinstellen, die Füße sind mehr als schulterbreit auseinander und die Fußspitzen zeigen nach vorne.
- Die Hände werden vor der Brust gehalten.
- Jetzt wird das rechte Bein gebeugt, während das linke in der Streckung bleibt – das ganze Gewicht ruht auf dem rechten Fuß.
- Nun so tief wie möglich gehen, kurz halten und immer leicht federn.
- Dabei wird der Rücken gerade gehalten und der Bauch bleibt angespannt.
- Seite wechselt und 10-15 Mal pro Seite wiederholen.
Übung 2 – Oberkörper rotieren und neigen
Das Ziel dieser Übung besteht darin, die gesamte Rumpfmuskulatur zu flexibilisieren. Außerdem wird die gesamte Wirbelsäule dadurch mobilisiert.
Ausführung:
- Aufrecht hinstellen und die Hände hinter dem Kopf verschränken.
- Nun den Oberkörper möglichst weit nach links rotieren.
- Direkt auf die Seite neigen.
- Weiter nach links rotieren.
- Weiter auf die Seite neigen.
- Nun die Seite wechseln und die Übung auf der anderen Seite wiederholen.
- Der Bauch bleibt während der gesamten Übung angespannt und die Rotation kommt aus der Brustwirbelsäule.
Übung 3 – Aus dem Sumo Squat die Beine strecken
Sumo Squats sind vor allem aus dem Krafttraining bekannt, aber man kann sie auch zu Dehnübungen umformen. Ziel der Übung ist es, für mehr Beweglichkeit der Muskeln an der Oberschenkelrückseite, der Leisten, Fußknöchel und des unteren Rückens zu sorgen.
Ausführung:
- Die Füße stehen schulterbreit auseinander und sind leicht nach außen gedreht.
- Die Hände berühren während der gesamten Übung die Fußspitzen.
- Nun tief in die Hocke gehen, die Arme bleiben dabei gestreckt.
- Nun drücken die Ellbogen die Knie auseinander und die Beine werden gestreckt
- Übung 10-15 Mal wiederholen.
Übung 4 – Hip Crossover
Mit dieser Übung mobilisiert man die Lendenwirbelsäule und sorgt für mehr Flexibilität und Kraft im Rumpf.
Ausführung:
- Diese Übung beginnt man flach auf dem Rücken liegend.
- Die Arme und Schultern liegen ausgebreitet flach auf dem Boden.
- Die Beine sind gestreckt (oder auch gebeugt, falls strecken noch nicht möglich ist)
- Beine und Oberkörper bilden einen 90 Grad Winkel
- Die gestreckten oder gebeugten Beine geschlossen von links nach rechts führen
- Dabei den Bauch fest anspannen.
- Schultern und Rumpf bleiben immer auf dem Boden liegen.
- Die Übung 10-15 Mal wiederholen.
Übung 5 – Handwalk – Raupe
Diese dynamische Dehnübung sorgt für mehr Stabilität in Schultern und Rumpf. Außerdem werden dabei die hintere Beinmuskulatur sowie die untere Rückenmuskulatur gedehnt.
Ausführung:
- In die Rumpfbeuge kommen, die Handflächen liegen auf dem Boden.
- Die Beine bleiben während der gesamten Übung möglichst gestreckt.
- Jetzt mit den Händen nach vorne wandern, nach Möglichkeit bis zur Liegestützposition und weiter.
- Danach mit den Füßen zu den Händen nach vor wandern.
- Hierbei sind lediglich die Fußgelenke in Aktion.
- 10-15 Mal wiederholen.
Übung 6 – Standwaage
Die Standwaage ist eine Übung, die die Oberschenkelrückseite flexibler macht und die Körpermitte stabilisiert. Außerdem sorgt sie für ein besseres Gleichgewicht.
Ausführung:
- Aufrecht hinstellen.
- Den rechten Fuß vom Boden lösen und mit geradem Rücken nach vorne beugen.
- Das schwebende Bein bildet die Verlängerung des Oberkörpers.
- Das Standbein ist leicht gebeugt.
- Idealerweise bildet der Körper in der Endposition eine Linie von Kopf bis Fuß.
- 10 Mal pro Seite wiederholen.
Fazit
Dynamisches Dehnen vor und nach dem Sport kann dazu beitragen, die Beweglichkeit effektiv zu erhöhen. Dass es durch zu wenig Stretching zu Muskelverkürzungen kommt, ist zwar ein Mythos, aber dennoch sollten Kraft- und Ausdauersportler nicht auf ein regelmäßiges Stretching-Programm verzichten. Die oben genannten Übungen helfen, regelmäßig durchgeführt, dabei, die Beweglichkeit zu erhalten und sogar noch zu erhöhen.
DIE AUTORIN: Marlies Tusch
Marlies ist neben ihrem Studium Redakteurin beim Portal rundum Fitness und gesunder Ernährung iShapely.de. Sie ist nicht nur absolut fitnessbegeistert, sondern variiert auch sehr gerne mit unterschiedlichsten Trainingsmethoden. Neben einem herkömmlichen Krafttraining mit freien Gewichten ist sie auch ein absoluter Fan von HIIT und Spinning-Sessions.