Alkohol – Wie wirkt er sich auf meine Figur aus?
Nicht wegzuleugnen. Alkohol ist ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Als solches sollte man stets bemüht sein die neuesten Erkenntnisse zu den Einflüssen auf die Gesundheit aber auch die eigene Figur zu verfolgen. Wie der Konsum von Alkohol auf die Gesundheit einzuschätzen ist, haben wir bereits in einem Beitrag niedergeschrieben. Eine neue Mega-Analyse aus China mit 500.000 Probanden relativiert die dort teilweise gezeigten positiven Effekte auf die Herz-Kreislaufgesundheit wieder (13). Heute soll es um die Auswirkungen von Alkohol auf die Körperzusammensetzung gehen. Stoppt er wirklich die Fettverbrennung und kompromittiert damit jedes Vorhaben zum Abnehmen?
Finden wir es heraus!
Was ist Alkohol?
Der wichtigste psychoaktive Bestandteil in alkoholischen Getränken ist Ethanol, besser bekannt als Alkohol. Dieser entsteht durch einen enzymatischen Prozess, die alkoholische Gärung. Bei diesem werden Kohlenhydrate, hauptsächlich aber Glucose, unter anoxischen Bedingungen zu Ethanol und Kohlendioxid abgebaut. Ethanol enthemmt, trübt unser Urteilsvermögen, führt in Abhängigkeit der Menge auch zu motorischen Einschränkungen und kann süchtig machen. Ethanol wird nicht wie andere Nährstoffe im Körper gespeichert. Aufgenommen gelangt er über den Blutstrom in das Gewebe und wird hauptsächlich in der Leber über mehrere Stoffwechselvorgänge oxidiert. Nur ein kleiner Teil wird über andere Organe wie Nieren, Lungen und Haut ausgeschieden.
Fazit
Als toxischer Bestandteil muss Alkohol direkt nach seiner Aufnahme abgebaut und ausgeschieden werden.
Gestörte Fettoxidation = Weniger Fettverbrennung?
In einer älteren Untersuchung aus dem Jahr 1994 untersuchten die Forschergruppe um Sonko et al. die Auswirkungen von Alkohol auf die Fettoxidation. Sie gingen damit einer bedeutenden Thematik nach, die noch heute unter Sportlern oft zu hören ist: „Alkohol stoppt die Fettverbrennung!“ Sonko et al. verabreichten deren Probanden Alkohol unter zwei verschiedenen Bedingungen. Zum einen tranken die sie Alkohol anstelle der sonst aufgenommenen Nahrungskalorien. Die Probanden waren unter dieser Bedingung nach wie vor in ihrer Kalorienbilanz (isokalorische Ernährungssituation). Die Wissenschaftler untersuchten bei den Probanden die Fettoxidation über 20,5 Stunden. In der Tat beobachteten sie, dass Alkohol die Fettverbrennung stoppte. Allerdings „nur“ für ~6 Stunden nach der Aufnahme. Nach dieser Zeit (6-20,5h) konnte wieder eine Fettoxidation gemessen werden. Wurden Alkoholkalorien On Top zur sonstigen Ernährung verabreicht sorgte dies über die vollen 20,5 Stunden für eine gestoppte Fettoxidation (4).
Fazit
Alkohol stört die Fettverbrennung! Das Ausmaß hängt davon ab, inwieweit die Alkoholkalorien auch die Kalorienbilanz beeinflussen.
Langzeit-Alkoholkonsum und Gewichtszunahme
Eine gestoppte Fettoxidation im durchaus praxisnahen Untersuchungsmodell 2 ist erst einmal keine wirklich gute Nachricht. Existieren weiterführend auch Untersuchungen die darüber hinaus Langzeiteffekte von Alkohol auf das Körpergewicht und die Körperzusammensetzung feststellen?
Beobachtungsstudien
Beobachtungsstudien zeigen nicht eindeutig, dass ein leichter bis mittelschwerer Alkoholkonsum mit Gewichtszunahme zusammenhängt. In einer Untersuchung wurden 6832 Männer im Alter von 40-59 Jahren zu ihren Trinkgewohnheiten befragt und über 5 Jahre beobachtet. Hier konnte kein Zusammenhang zwischen leichtem bis mittelschwerem Alkoholkonsum und Gewichtszunahme nachgewiesen werden. Erst mit „hartem“ Trinken (30g Alkohol pro Tag und mehr) konnte man eine 29 bis 45%ige stärker ausgeprägte Gewichtszunahme im Vergleich zu einer nicht trinkenden Kontrollgruppe feststellen (1).
Kalorisches Rechenbeispiel
30g Alkohol pro Tag entsprechen
- 210 Kalorien pro Tag
- 1470 Kalorien pro Woche
- 44100 Kalorien pro Monat (30 Tage)
Interessant
500ml Bier mit einem Alkoholgehalt von 5 Vol.-% entsprechen bereits 20g Alkohol! Es bedarf also nicht viel um zu den „harten Trinkern“ zu gehören.
In einer weiteren Untersuchung über 9 Jahre mit 16587 Männern konnte eine Aufnahme von 12g Alkohol pro Tag nicht mit einem größeren Taillenumfang assoziiert werden (3). Auch bei 49.324 Frauen zwischen 27-44 Jahren brachte man das Trinken von Alkohol über 8 Jahre nicht mit einer Gewichtszunahme in Verbindung. Die Ausnahme bildete jedoch auch hier eine Aufnahme von täglich 30g Alkohol oder mehr. Hier ergab sich eine höhere Wahrscheinlichkeit mindestens 5 kg an Gewicht zuzulegen (12).
Kontrollierte Studien
Studien in einem kontrollierten Rahmen bestätigen diese Ergebnisse. 14 Männer erhielten für 6 Wochen mit dem Abendessen 270ml Rotwein (ca. 23-24g Alkohol). Weitere 6 Wochen waren sie abstinent. Es konnten keine Auswirkungen auf Körpergewicht, Körperfett oder Kalorienzufuhr gemessen werden (5). In einer weiteren Untersuchung an 20 übergewichtigen Frauen wurden ebenfalls keine Auswirkungen auf das Körpergewicht, Körperfett, Blutdruck, Blutfette oder die Insulinempfindlichkeit festgestellt. Die Probandinnen tranken 190ml (ca. 16-17g Alkohol) Rotwein an jeweils 5 Tagen pro Woche über 10 Wochen zu deren Abendessen. Weitere 10 Wochen verzichteten sie komplett auf Alkohol (6).
Fazit
Alkohol fördert nicht grundsätzlich eine Gewichtszunahme. Die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch mit der Zufuhrmenge.
Alkohol in einer Reduktionsdiät
Dazu ließen Flechtner-Mors M. et al. ihre fettleibigen Probanden eine Diät mit 1500 Kalorien am Tag durchführen. Die eine Gruppe erhielt 10% ihrer Kalorien aus Traubensaft, die andere aus Rotwein (ca. 16g Alkohol). Untersuchte Parameter waren unter anderem Taillenumfang, Körperfett, Blutdruck, Cholesterin, Triglyceride, Blutzucker, Insulin und Gewicht. Alle Probanden nahmen bei allen Parametern im Rahmen der Diät über 3 Monate ab. Es gab Unterschiede in den Gruppen die sogar zu Gunsten der Verabreichung von Wein anstelle von Traubensaft, jedoch nicht signifikant, ausfielen (7).
Fazit
Auch in einer Reduktionsphase wirkt sich Alkohol nicht zwangsläufig negativ auf den Verlauf aus.
Alkohol und Appetit
Alkohol vor dem Essen
Eine große Rolle beim Diäterfolg spielt der Appetit, weshalb es wichtig erscheint auch den Einfluss von Alkohol auf Hunger und Sättigung zu ergründen. In einer Studie wurden 26 männliche Probanden jeweils vor einem Mittagsbuffet 3 Situationen ausgesetzt. In einem Fall ruhten die Probanden sich aus. In einem weiteren Fall tranken sie 30 Minuten vor dem Mittagsbuffet 330 Milliliter alkoholfreies Bier. Im dritten Fall konsumierten die Probanden selbiges Bier mit 24g Alkoholgehalt. Interessanterweise beobachtete die Forschergruppe, dass die Probanden deutlich mehr aßen, wenn sie Alkohol verabreicht bekamen. Die Forschergruppe vermutet, dass die Energie, stammend aus Alkohol, kurzfristig nicht kompensiert wird (durch weniger Nahrung), sondern gar stimulierend auf mehr Nahrungsaufnahme wirken kann (8).
In einer ähnlichen Untersuchung mit 12 Männern tranken diese vor dem Mittagsbuffet 330 Milliliter alkoholfreies Bier, Bier mit insgesamt 8g Alkohol und Bier mit 32g Alkohol. Mit 32g Alkohol verzehrten die Probanden deutlich mehr Kalorien zum Mittag, nicht jedoch mit 8g Alkohol. Die Forschergruppe rechnete alle Kalorien (+Alkoholkalorien) zusammen:
- 1335 Kalorien nahmen die Probanden ohne Alkohol auf
- 1298 Kalorien nahmen die Probanden mit 8g Alkohol auf
- 1672 Kalorien nahmen die Probanden mit 32g Alkohol auf
Die extra Kalorien (337-374 Kalorien) in mit den 32g Alkohol stammten nicht ausschließlich von Alkohol (224 Kalorien). Die Forschergruppe ging ferner der Frage nach, ob die Probanden die zusätzlichen Kalorien an dem Abend kompensieren würden. Dies war nicht der Fall. Interessanter Weise verzehrten die Probanden in der 32-g-Alkohol-Gruppe zudem mehr hoch-kalorische und salzhaltige Lebensmittel als in den anderen Gruppen (11).
Alkohol zum Essen
Männer und Frauen bekamen in einer Studie hierzu 5 unterschiedliche Mahlzeiten zum Frühstück, die in der Nährstoffdichte und dem Ballaststoffgehalt allesamt übereinstimmten. Eine der Mahlzeiten enthielt 23% der Kalorien aus Alkohol. Über die nächsten 5 Stunden untersuchte das Forscherteam Hunger, Sättigung und Kalorienaufnahme mit dem Ergebnis, dass bei den Mahlzeiten keine Unterschiede festzustellen waren. (9) Eine Meta-Analyse eines Forscherteams der Cambridge University untersuchte den Zusammenhang der Alkoholaufnahme auf die Nahrungszufuhr und die Gesamtkalorienzufuhr. 12 Studien erfüllten die Einschlusskriterien. Im Ergebnis erhöhte die zeitgleiche Verabreichung von Alkohol die Nahrungsaufnahme um durchschnittlich 82 Kalorien (ohne die zusätzlichen Alkoholkalorien) mit einer höheren Tendenz (210-310 kcal), wenn Kalorien aus Alkohol berücksichtigt wurden. In keiner der Untersuchung nahm die Kalorienaufnahme mit Alkohol ab. Teilweise ließen sich Auswirkungen auf die Nahrungszufuhr unabhängig von der Alkoholzufuhr festhalten.
Fazit
Die Aufnahme von Alkohol vor oder zum Essen birgt die Gefahr einer erhöhten Kalorienaufnahme, einmal aufgrund der aufgenommenen Mehrkalorien aus dem Getränk, aber auch aus Nahrung.
Resümee
Sicher hätte man das abschließende Wort in diesem Beitrag etwas „gewichtiger“ erwartet. Alkohol stoppt akut die Fettverbrennung, sorgt aber nicht zwangsläufig für eine überhöhte Kalorienaufnahme und daraus resultierend zu mehr Körpergewicht und Körperfett. Es scheint als wären die reinen Kalorien aus Alkohol und deren Effekt auf die Energiebilanz der entscheidende Faktor. Gefährlich erscheint die Tatsache, dass Alkohol den Appetit anregen und so zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme führen kann. Eine Kombination aus energiereicher Nahrung und alkoholischen Getränken erschwert die Gewichtsabnahme (Fettreduzierung), da es schwerer fällt ein Kaloriendefizit einzuhalten. Jedes Gramm Alkohol fällt mit 7 Kalorien ins Gewicht und muss solches in die Energiebilanz eingerechnet werden. Insgesamt ist Alkohol nicht zwangsläufig ein Diät-Killer oder ein KO-Kriterium für erfolgreiche Körperfettreduzierung. Die Chance auf negative Effekte steigt jedoch mit der Menge.
Sportlicher Gruß
Holger und Daniel
Quellen
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12716687
- www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9100213
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14522729
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8116538
- www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9100213
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11092514
- www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15356671
- www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11714490
- www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12499328
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30630543
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15059684
- https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1038/oby.2004.175
- https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)31772-0/fulltext
Fotos:
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