Beinpresse vs. Kniebeuge – Was verspricht mehr Erfolge?
Eine gute Beinmuskulatur ist bei Weitem nicht mehr nur der Wunsch von Wettkampfsportlern aus dem Kraftsport- und Bodybuildingbereich. Im Streben nach Ästhetik legen auch immer mehr Fitnessbegeisterte Wert auf einen wohl geformten Unterbau der zum Oberkörper passt. Wo viel trainiert wird, gibt es mindestens ebenso viele Diskussionen. Im Falle des Beintrainings taucht regelmäßig die Frage auf, welche Übung für die Maximierung muskulärer Erfolge mehr Sinn macht: KNIEBEUGE oder BEINPRESSE? Eine Debatte die man auf völlig unterschiedliche Arten führen kann. In Interviews mit erfahrenen Athleten und Athletinnen erfährt man häufig, dass diese eine der beiden Übungen bevorzugen, da sie damit bessere Ergebnisse erzielen könnten und/oder damit ein besseres Biofeedback verbinden. Die Wissenschaft hält sich gern mit Kleinigkeiten auf und diskutiert über die richtige Fußposition oder das Tragen bzw. nicht Tragen von Schuhen während der Übung. Der heutige Beitrag versucht das entstandene Wirrwarr etwas zu entwirren.
Viel Spaß
Kniebeuge – Das Nonplusultra?
Lange Zeit galt die Kniebeuge als Goldstandart unter den Übungen. Tatsächlich beansprucht die Kniebeuge so viele Muskelgruppen und Stabilisatoren wie dies von keiner anderen Übung zu erwarten ist. Escamilla et al. (3) stellten 2001 bei Kniebeugen im engen und breiten Stand eine größere Aktivität des Quadrizeps und Beinbizeps verglichen mit sowohl enger als auch weiter Fußposition bei der Beinpresse fest.
Eine stärkere Belastung der Muskelgruppen mag verführerisch klingen, dennoch muss man sich vor Augen halten, dass Muskelwachstum insbesondere durch ein „progressives Workload“ bzw. durch steigernde Belastung oder Spannungsdauer ermöglicht wird. Selbst eine höhere Belastung bei der Ausführung gewährleistet nicht, dass das Gewicht problemlos immer weiter erhöht werden kann, ohne dabei das Verletzungsrisiko zu erhöhen. Progression erscheint bei der Beinpresse leichter durchführbar, weshalb sie aus Hypertrophie-Gesichtspunkten möglicherweise die bessere Wahl darstellt.
Ein MUSS ist die Kniebeuge bis auf wenige Ausnahmen nicht. Eine dieser Ausnahmen ist natürlich dort, wo die Kniebeuge als Wettkampfübung abgefordert wird wie beim Kraftdreikampf. Andere Sportlerinnen und Sportler können – einfach gesagt – das üben womit sie sich am wohlsten fühlen. Hat man sich vom Gedanken gelöst die Kniebeuge sei ein Muss, sieht man die Beinpresse möglicherweise in einem anderen Licht. Beide Übungen dienen letztlich als Mittel zum Zweck. Der Zweck wird individuell festgelegt. Einigen geht es um Muskelaufbau, anderen um Kraftaufbau und wieder anderen um einen stabilen Körperkern oder verbesserte Sprungleistung. Welche der beiden Übungen mehr Erfolg verspricht gilt es im Einzelfall zu ergründen.
Fazit
Die Kniebeuge galt und gilt noch immer als absolutes Muss für Beintraining. Wer jedoch differenziert und die einzelnen Zielsetzungen betrachtet, die man mit Beintraining verbinden kann, stellt schnell fest, dass eine solche These nicht haltbar ist.
Schwarz/Weiß-Denken unangebracht
Hierzu bestehen Ergebnisse einer interessanten Untersuchung aus dem Journal of Strength and Conditioning Research. Nach 8 Wochen Intervention (Parallel Squat vs. 45° Beinpresse) wies die Forschergruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe eine verbesserte Sprungleistung nach. Dies äußerte sich durch einen Anstieg der Performance bei Squat jumps (12,4% vs. 3,5%) und des Counter movement jumps.(12% vs. 0,5%) der in der Squat Gruppe größer ausfiel (1). Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Forschergruppe um Rossi, FE, Schoenfeld BJ & Ocetnik S et al. nach 10 Wochen in deren Untersuchung. Die maximale Kniebeugeleistung war in der Kniebeugegruppe am höchsten. Der Counter movement jump stieg mit Kniebeuge und einer Kombination aus Kniebeugen und Beinpresse mehr als nur mit der Beinpresse. Interessanterweise fiel den Forschern auf, dass sich bei der Beinpresse alleine und bei der Kombination aus beiden Übungen größere Effekte beim dynamischen Gleichgewicht feststellen ließen. (5)
Studien weisen unterschiedliche Vorteile beider Übungen für Trainierende auf. Während die Kniebeuge mehr Kraftleistung und bessere Sprungleistung verspricht, lässt sich mit der Beinpresse ein guter Trainingseffekt auf die Koordinationsfähigkeit bewerkstelligen. Weiter bietet die Beinpresse eine Möglichkeit, konstante Spannung auf die Zielmuskulatur der Beine auszuüben ohne gleichzeitig weitere Muskelgruppen wie den unteren Rücken stärker zu beanspruchen. Mit steigendem Trainingsgewicht ist bei der Beinpresse zudem keine gefährliche Verschlechterung der Übungsausführung zu befürchten die sich negativ auf die Verletzungswahrscheinlichkeit nieder schlägt.
Fazit
Sowohl Kniebeugen als auch Beinpressen haben ihre Stärken und können je nach priorisierter Zielsetzung gezielt zum Einsatz kommen. Klug ist derjenige, der beide Übungen kombiniert.
Resümee
Wenn es um den Aufbau solider Kraftwerte der Beinmuskulatur geht, nimmt auch die Beinpresse der Kniebeuge nicht die Butter vom Brot. Anders gestaltet es sich bei der Zielsetzung Hypertrophie / Muskelwachstum oder koordinativen Fähigkeiten. Weiß man um sein Ziel, lässt sich die Übungsauswahl basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen leichter anpassen. Im weiteren Verlauf und fernab sämtlicher wissenschaftlicher Ergebnisse spielen eigene Erfahrungen eine entscheidende Rolle.
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Womit fühle ich mich wohler?
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Was macht mir mehr Spaß?
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Erziele ich mit der ausgewählten Übung gewünschte Ergebnisse?
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uvm…
Wichtig ist es sich bei diesem Thema von Engstirnigkeit zu befreien. In den seltensten Fällen gibt es in der Trainingslehre wirklich eine klare Antwort auf die Frage: „Was ist besser“.
Sportlicher Gruß
Holger und Daniel
www.Body-Coaches.de
Quellen
(1) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26439782
(2) https://bodyrecomposition.com/muscle-gain/squat-versus-leg-press-for-big-legs.html
(3) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11528346
(5) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27735888
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