Cardiotraining – Intervall oder Steady-State – Was ist besser?
Invertalltraining oder Steady-State-Cardio? Die Diskussion zur vermeintlich besseren Art und Weise Cardiotraining für die Zielsetzung Körperfettreduktion aber auch für kardiovaskuläre Effekte abzuleisten scheint nie ein Ende zu nehmen! Schuld daran sind uneinige Stimmen aus der Wissenschaft und stetig neue Ergebnisse in jede denkbare Richtung. Es wäre gut möglich, dass die in diesem Beitrag vorgestellten Ergebnisse schon in wenigen Wochen wieder von neuen Studien in Frage gestellt werden. Derzeit handelt es sich um den aktuellen Kenntnisstand und sicher auch um eine dauerhaft haltbare Aussage am Ende des Beitrags!
HIIT und Steady-State-Cardio
HIIT (High Intensity Intervall Training) bezeichnet die intensivste Art und Weise des Intervalltrainings mit wechselnden Zyklen der Vollbelastung und der mäßigen Belastung über eine gewisse Gesamtdauer mit der Möglichkeit, die einzelnen Zyklen in Abhängigkeit der bestehenden Ausdauerleistungsfähigkeit unterschiedlich zu gestalten. SIT lautet die Bezeichnung für „Sprint Intervall Training“. HIIT versprach bisher starke Effekte bei verhältnismäßig niedrigem Zeitaufwand und war aus diesem Grund insbesondere für diejenigen mit einem engen Zeitmanagement interessant. Voraussetzung für volle Effekte von HIIT und SIT ist die Bereitschaft, innerhalb der Trainingseinheit an die Grenze des Machbaren zu gehen! Hier schwindet oftmals leider der erhoffte Effekt, da nicht jeder dafür geschaffen ist, mehrmals wöchentlich an seine Leistungsgrenze zu gehen.
Steady-State-Cardio bezeichnet die submaximale Möglichkeit des Cardiotrainings, die aufgrund des mäßig intensiven Charakters jedoch mehr Zeit in Anspruch nimmt. Anders als bei Intervalltraining versucht man bei Steady-State-Cardio einen gewissen Ziel-Puls in Abhängigkeit der maximalen Herzfrequenz über eine gewisse Dauer aufrechtzuerhalten.
Meta-Analyse sieht keinen wirklichen Gewinner
Erst vor einiger Zeit verfassten Keating, S.E. et al. (1) ein systematisches Review und eine Meta-Analyse. Sie kamen nach Sichtung von 31 Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass man mit beiden Ausdaueraktivitäten den Körperfettanteil und das absolute Körperfett reduzieren kann. Die Effekte treten allerdings nicht in einem klinisch signifikanten Maße auf, weshalb zwangsläufig weitere Interventionen erforderlich sind. Der aktuelle Vergleich beider Trainingsmethoden konnte in Hinblick auf Körperfettreduktion keinen wirklichen „Gewinner“ herausstellen. HIIT/SIT Einheiten waren Steady-State-Cardio insgesamt nicht überlegen.
Auch auf die Frage der Zeiteffizienz versuchten die Wissenschaftler eine Antwort auszuarbeiten mit der wohl niemand so richtig gerechnet hätte. Es zeigte sich, dass Steady-State-Protokolle mit einem niedrigen kalorischen Output, verglichen mit geringem Zeitaufwand und höherer Intensität bei HIIT/SIT tendenziell die bessere Wahl zur Reduzierung des gesamten Körperfetts sein können. Wenngleich HIIT/SIT-Training ähnliche Vorteile in diesem Bereich bietet, handelt es sich dabei nicht zwangsläufig um die Zeit effizientere Maßnahme.
Fazit
Die Meta-Analyse von Keating et al. wirft einmal alles über den Haufen! Nicht nur das von HIIT kein merklich stärkerer Effekt auf den Körperfettgehalt auszugehen scheint, auch der Faktor Zeiteffizienz scheint in Hinblick auf die Körperfettreduzierung nicht zwangsläufig ein Argument für die Ausdauereinheit zu sein.
Meta-Analyse sieht leichte Vorteile für HIIT
Kurz nach Veröffentlichung oben genannter Ergebnisse tauchte schon wieder eine neue Meta-Analyse auf! Sie soll angeblich bescheinigen, dass man mit HIIT nun doch mehr Körperfett verliert als mit Steady-State-Cardio. Ein Grund, sich auch diese Arbeit näher anzusehen.
Die Vorgehensweise der Forschergruppe
Viana et al. (2) schlossen 41 Untersuchungen mit 1115 Probanden in ihre Forschungsarbeit ein. Sie befasste sich mit Intervalltraining und einem moderat durchgeführten Steady-State-Training in Hinblick auf Körperfettreduktion. Da der Aufbau einer solchen Untersuchung sowie Kriterien zum Einschluss und Ausschluss von Studien das Ergebnis maßgeblich beeinflussen, erscheint es interessant hierauf einen Blick zu werfen.
Einschlusskriterien
- Originalarbeiten
- Humanstudien
- minimale Trainingsdauer von 4 Wochen und einen direkten oder indirekten Vergleich von Intervalltraining (HIIT oder SIT) und moderatem Training als primäres oder sekundäres Ziel
- Untersuchung der Gesamt- und Lokalfettmasse oder den Gesamt- und Lokalfettanteil
Ausschlusskriterien
- Untersuchungen, die lediglich auf den BMI abzielten
- Untersuchungen die zur Kontrolle mit einer Nicht-Trainingsgruppe arbeiteten
- Abstracts mit unzureichenden Daten, Beobachtungsstudien oder Artikel, die eine Meinung wiedergaben
Von den übrig gebliebenen 41 Artikeln mit 1115 Probanden schlossen Viana et al. 5 weitere Untersuchungen auf Grund unzureichender Informationen aus.
Die Probanden
- Männern und Frauen
- unterschiedliche Altersgruppen
- verschiedene Grundvoraussetzungen im Bereich des Trainingsstatus und der Aktivität
- verschiedene Grundvoraussetzungen beim BMI
Intervention
- die wenigsten Arbeiten verglichen HIIT und Steady-State-Cardio direkt miteinander
- Genutzt wurden vor allem Fahrrad und Walken/Joggen und Laufen
- Häufigste Interventionsdauer: 12 Wochen (4 bis 16 Wochen)
- Unterschiedlicher Aufbau des Intervalltrainings
HIIT meist 4-minütiges hochintensives Training mit einer 3-minütigen Pause
SIT meist 30 Sekunden “all-out” mit 4-minütiger Pause
oder 8 Sekunden “all-out” gefolgt von 12 Sekunden Pausen
- Steady-State-Training meist 29-35 oder 40-45 Minuten
- Frequenz: Am häufigsten 3x pro Woche
- Diätinterventionen (bei 23 Studien) und Aktivitätskontrolle (bei 19 Studien)
- DXA oder BIA für die Messung der Körperzusammensetzung
Ergebnisse
Es zeigte sich, dass man sowohl mit Intervalltraining als auch mit Steady-State-Training im Allgemeinen den Körperfettanteil (HIIT/SIT: -1,5% und Steady-State -1,44%) reduzieren kann. Verbesserungen stellten sich ebenfalls bei der absoluten Fettmasse (HIIT/SIT -1,58 kg und Steady-State -1,13kg) ein.
Ein Vergleich beider Trainingsvarianten zeigte keinen signifikanten Unterschied bei der Abnahme des Gesamtkörperfettanteils, allerdings einen signifikanten Unterschied zwischen den Interventionen in Hinblick auf die absolute Fettmasse. Hier schnitt das Intervalltraining besser als das Steady-State-Training ab.
Zeitvorteil von Intervalltraining im Überblick
Sowohl in Hinblick auf den Gesamtkörperfettanteil als auch auf die Körperfettmasse ergeben sich trotz nicht signifikanter Unterschieden Vorteile in Bezug auf die notwendige Trainingsdauer mit Intervalltraining.
- Steady-State Protokolle dauerten ~38 Minuten und wurden 35x durchgeführt. Dies entspricht einer Gesamtdauer von 1330 Minuten für eine Abnahme des Körperfettanteils von 3,5% des Gesamtkörperfettanteils.
- HIIT Einheiten dauerten 28 Minuten und wurden 33x durchgeführt. Dies entspricht einer Gesamtdauer von 934 Minuten für eine Abnahme des Körperfettanteils von 4,6%
- SIT Protokolle dauerten 18 Minuten und wurden 29x durchgeführt. Dies entspricht einer Gesamtdauer von 526 Minuten für eine Abnahme des Körperfettgehalts von 3,5%
Fazit
Sowohl mit Intervalltraining als auch mit Steady-State Training lässt sich Körperfett reduzieren. Beide Trainingsvarianten erzielten beim Körperfettanteil ähnliche Ergebnisse. Hier war es aber Intervalltraining, welchen man die bessere Zeiteffizienz zuspricht. Die Unterschiede wurden erst in Hinblick auf den absoluten Körperfettgehalt signifikant.
Intervalltraining also „das bessere Cardiotraining”?
Die Daten lassen auf den ersten Blick den Rückschluss zu, dass Intervalltraining herkömmlichem Ausdauertraining überlegen ist. Nicht weil es deutlich effektiver den Körperfettgehalt reduziert, sondern weil man damit mit weniger zeitlichem Aufwand insgesamt mehr Fett verbrennen kann. Wie eingangs bereits genannt muss man bei beiden genannten Varianten des Intervalltrainings (HIIT oder SIT – Sprint Intervall Training) berücksichtigen, dass diese nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn man bereit ist sich während der intensiven Phasen voll zu verausgaben. Auch setzt effektives Intervalltraining einen gewissen Leistungsstatus des kardiovaskulären Systems voraus. Insbesondere für Sportlerinnen und Sportler in Wettkampf und/oder Reduktionsphasen kommt irgendwann auch das potenziell erhöhte Verletzungsrisiko von Intervalltraining zu tragen wie es Rynecki et al (3) beschreiben. Hier gilt es die Effektivität und Zeiteffizienz aber auch die reduzierte Regenerationsfähigkeit und das sich daraus ergebende erhöht Risiko für Verletzungen in bestimmten Phasen abzuwägen.
Unabhängig davon gilt es zu beachten, dass die Meta-Analyse aus einem breiten Probandenpool schöpft die unterschiedlichste Trainingsprotokolle durchlaufen haben. Ebenso waren teilweise Einzelstudien mit nur geringer Probandenzahl involviert. Die Forscher beobachteten, dass Faktoren wie die Auswahl der durchgeführten Ausdauereinheit, das Alter (<30 Jahre) oder die Interventionsdauer (<12 Wochen) Auswirkungen auf die Abnahme der Gesamtfettmasse hatten. Interessanterweise spielte es ebenfalls eine Rolle, ob das Training überwacht wurde oder nicht.
Resümee
Aus den beiden neuesten Meta-Analysen lässt sich in erster Linie ableiten, dass beiden Varianten des Ausdauertrainings zur Zielsetzung Körperfettreduzierung ihre Daseinsberechtigung haben. Wer es gerne maximal zeiteffizient hat und in der Lage ist, sich über die kurze Dauer der Trainingseinheit voll zu fordern sollte HIIT priorisieren. Steady-State-Cardio eignet sich für Personen mit einer noch nicht ausreichenden Ausdauerleistungsfähigkeit oder solche, denen stete submaximale Belastung besser bekommt als hochintensives Intervalltraining.
Sportlicher Gruß
Daniel und Holger
Quellen
(1)
(2)
https://www.sciencedaily.com/releases/2019/02/190214191942.htm
(3)