Coffee-Nap & Coffee-Prep – Kaffee vor dem Nickerchen und dem Sport eine gute Idee?
Einige von euch haben vielleicht schon einmal vom sog. Coffee-Nap oder Koffein-Nap gehört. Die Theorie besagt, dass Kaffee vor einem Nickerchen für nochmals mehr Wachheit und Energie sorgt. Klingt irgendwie verrückt nicht wahr? Was sich hinter dieser Theorie verbirgt, ob der Coffee-Nap wirklich etwas taugt und was man sich darüber hinaus für Vorteile von regelmäßigem Kaffeekonsum versprechen darf erfahrt ihr heute.
Viel Spaß
Die Theorie hinter dem Coffee-Nap
Adenosin
Das Geheimnis hinter dem Coffee-Nap verbirgt sich in einem Stoff namens Adenosin. Adenosin zählt zu den Nukleosiden. Es setzt sich zusammen aus Adenin und Ribose. Adenosin blockiert die Ausschüttung aktivierender Neurotransmitter wie Dopamin, Acetylcholin oder Noradrenalin im Gehirn. Es fördert das Gefühl von Müdigkeit, indem es dafür vorgesehenen Zellen nach dem Andocken an bestimmte Rezeptoren vermittelt die Aktivität zu drosseln. (1) Fühlt man sich müde, zirkulieren im Blut hohe Mengen Adenosin. Schlaf verringert das Adenosin-Aufkommen (22).
Koffein
Einer der aktiven Hauptbestandteile in Kaffee ist Koffein. Es handelt sich hierbei um ein psychoaktives Alkaloid mit stimulierender Wirkung.
Koffein wird nach oraler Aufnahme über den Dünndarm verstoffwechselt. Die höchste Plasmakonzentration tritt 15 bis 120 Minuten nach der Aufnahme von Koffein auf. Sowohl gleichzeitig verabreichte von Nahrung, als auch andere Substanzen in beispielsweise Kaffee können die Aufnahme verlangsamen. Nur bei einer weitestgehend nüchternen Einnahme von Koffein in Pulverform darf man schon binnen 15 bis 20 Minuten nach der Aufnahme von der maximalen Blutkonzentration ausgehen (10,11). Die Halbwertszeit von Koffein beträgt etwa 4 Stunden unterliegt aber ebenfalls individueller Einflussgrößen zu denen mitunter die genetische Prädisposition zählt (12,13). Schwankungen bei der Halbwertszeit können so im Bereich von 1,5 bis 9 Stunden auftreten (30).
Nach seiner Aufnahme gelangt Koffein über das Blut ins Gehirn, wo es auf Grund ähnlicher chemischer Struktur die gleichen Rezeptoren besetzt die eigentlich für Adenosin vorgesehen sind. Der Clou – Koffein besetzt die Rezeptoren lediglich ohne diese zu aktivieren. Adenosin kann nun nicht mehr an die Rezeptoren andocken um oben genannte Müdigkeits-Effekte zu vermitteln. Das Koffein in Kaffee ist zwar nicht in der Lage Adenosin direkt reduzieren, kann jedoch seine Wirkung eindämmen.
Wird bei einem Coffee-Nap nun Koffein vor dem 20-minütigem Nickerchen aufgenommen, zirkulieren nach dem Schlaf geringere Mengen Adenosin und höhere Mengen Koffein. Das Koffein belegt die Adenosin-Rezeptoren und sorgt so für noch weniger Adenosin vermittelte Effekte als diese alle vom Nickerchen ausgehen würden (1-3).
Fazit
Adenosin macht uns müde und drosselt den Energielevel. Schlaf ist in der Lage das Adenosin-Aufkommen zu reduzieren. Koffein wirkt als eigenständiges Stimulanz und ist zudem in der Lage Adenosin-Rezeptoren zu blockieren. Die Kombination aus Schlaf und Koffein verspricht so in der Theorie synergetische Effekte auf Wachheit und den Energielevel.
Der Coffee-Nap in der Praxis
Funktioniert der Coffee-Nap wirklich?
Einige Studien sprechen dafür!
So berichten beinahe alle Teilnehmer eines 2-stündigen Fahrsimulator-Tests von weniger Müdigkeit dank eines 15-minütigen Koffein-Naps (4). Eine zweite Studie mit 10 Probanden und ähnlichem Versuchsaufbau bei einer Verabreichung von 150mg Koffein vor dem Schlafengehen (>15 Minuten) berichtet von ähnlichen Ergebnissen (8). Nach Hayashi et al (5) sorgen 200mg Koffein gefolgt von einem 20-minütigem Mittagsschlaf für einen gehobenen Energielevel. Eine Kombination aus Koffein und Schlaf erwies sich auch bei Schichtarbeitern als besseres Mittel für Wachsamkeit und Energie als nur Kaffee oder nur ein Nickerchen (7,9).
Das gilt es zu beachten
Damit die Rechnung aufgeht, sollte man recht zügig nach der Koffein-Aufnahme in der Lage sein einzuschlafen. Schlaf betitelt hier das von Power-Napping bekannte Nickerchen in einem Bereich von 15 bis 20 Minuten Schlafdauer (4,5).
Mehrere Studien sprechen sich für eine wirksame Koffeinmenge im Bereich um die 200mg aus (4,5,7). Diese Koffeinmenge darf man sich in unterschiedlichen Kaffeevarianten erwarten:
- 0,25ml gebrühter Kaffee durchschnittlich 95mg
- 1 Espresso durchschnittlich 63mg
- 0,25ml Instant Kaffee 30 bis 60mg
- 260ml Kaffee Starbucks 260mg
- Großer Kaffee McDonalds 180mg
Unterschiede in der Effektivität bestehen offensichtlich in Abhängig vom Tageszeitpunkt. Aus einer Studie mit 12 jungen gesunden Probanden geht hervor, dass ein 6, 3 oder 0 Stunden vor dem eigentlichen Schlaf durchgeführter Coffee-Nap mit 400mg Koffein Schlafstörungen begünstigen kann (6). Inwieweit hier der lange Abbau des Koffeins oder einfach die relativ hohe Dosierung mit 400mg Koffein Schuld an den Schlafstörungen hatten, lässt sich leider nicht ableiten.
Fazit
Eine Koffeingabe mit 150 bis 200mg gefolgt von einem Nickerchen von 15 bis 20 Minuten Dauer verspricht auch in der Praxis synergetische Effekte auf den Energielevel und die Wachsamkeit. Am kalkulierbarsten hinsichtlich des Zeitpunkts der eintretenden Wirkung erscheint die Verwendung von reinem Koffein oder schwarzem Kaffee.
Gesundheitliche Benefits von Kaffee
Zu Koffein und im speziellen Kaffee werden jährlich unzählige Studien durchgeführt. Dies sind die Highlights aus 2019:
- 4 Tassen Kaffee täglich senken das Risiko für Gallensteine (14)
- 4 Tassen Kaffee und mehr täglich senken Östrogen und erhöhen das Testosteronaufkommen insbesondere bei Männern (15). Am Testosteron steigernden Effekt ist Koffein nicht beteiligt (27)
- Kaffee fördert die Expressionen von Proteinen die für Muskelhypertrophie zuständig (mTor, IGF1) sind und blockiert gleichzeitig Proteine die Muskelhypertrophie eindämmen (Myostatin) (16)
- Auch mehr als 5 Tassen Kaffee pro Tag üben keinen negativen Einfluss auf die Gefäß-Steifheit aus (17)
- Kaffee vermag eine leichte Risikosenkung für Adipositas (18)
- NICHT von Kaffee, dafür aber von reinem Koffein scheint ein positiver Einfluss auf die Insulinsensibilität auszugehen (20)
- Ab 6 Tassen täglich birgt Kaffee ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (21)
- Schon kleine Mengen Kaffee (1 Tasse pro Woche) beugen dem Risiko für Pre-Diabetes und Diabetes Typ 2 vor (23)
- 2 Verbindungen auf Kaffee (Kahweolacetat und Cafestol) reduzieren an der Zellkultur und im Tiermodell das Risiko auf Prostatakrebs (24)
- 7 Tassen Kaffee und mehr pro Woche senken das Osteoporose-Risiko (25)
- Mehr als 3 Tassen Kaffee pro Tag reduzieren das Risiko auf Fettleber besser als weniger als 2 Tassen Kaffee pro Tag (26)
Coffee-Prep: Kaffee oder Koffein Pre-Workout?
Auch dieser Frage sind bereits einige Studien nachgegangen.
Bei Trexler et al konnte 2016 gezeigt werden, dass 300mg Koffein aus Kaffee die 1-RM-Leistung in der Beinpresse stärker beeinflussen als 300mg reines Koffein. Klare Vorteile von Kaffee mit all seinen Bestandteilen außer Koffein für Krafttraining sehen auch Richardson et al. (31) allerdings nur für Unterkörperübungen (hier Squats). Verabreicht wurden hier jeweils 5mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht.
In deren aktuellen Übersichtsarbeit räumen Pickering und Grgic Kaffee vergleichbare ergogene Effekt ein wie diese mit reinem Koffein zu bewerkstelligen sind. Notwendig hierfür ist allerdings das Erreichen einer vergleichbaren Menge an Koffein im Bereich von 4 bis 6mg pro Kilogramm Körpergewicht insbesondere für Koffein gewöhnte Personen. Für eine 80 Kilogramm schwere Person hieße dies ein Menge von über 800 bis sogar 1250ml gebrühtem Kaffee und damit ein relativ hohes Flüssigkeitsvolumen. Genau in dieser Gegebenheit sehen die Forscher ein mögliches leistungsminderndes Potenzial welches sich mitunter, künstlich herbeigeführt, über eine Hyponatriämie begründen könnte. Ein weiteres Problem sehen die Forscher in der großen Spannweite an Koffein in Kaffee. Desbrow et al (32) untersuchten hierzu den Koffeingehalt von 97 Espressoproben und stellten enthaltene Koffeinmengen zwischen 25 und 214mg pro Portion fest. Sogar Nespresso Kaffee-Pads unterliegen Schwankungen des Koffeingehalts im Bereich von 19 bis 147mg pro Pad. Letztlich besteht so die Gefahr einer unter- aber auch einer Überdosierung mit Koffein. Weiter ergibt sich in mit Kaffee ein Nachteil in der Thermoregulation, wenn dieser zeitnah zur Belastung heiß getrunken wird (34). Anfällige Sportlerinnen und Sportler könnten von Kaffee etwas stärker als von Koffein Unwohlsein dank einer Reizung des Magens erfahren (35). Die Forscher schlussfolgern letztlich, dass es zwar theoretisch möglich sei, dieselben oder sogar leicht verbesserte Leistungswerte mit Kaffee anstelle von reinem Koffein zu bewerkstelligen. In der Praxis ergeben sich dennoch einige Hürden die letztlich eine Verabreichung von reinem Koffein in standardisierter Menge rein aus leistungsgewichtspunkten interessanter erscheinen lässt.
Coffee-Prep: Effekte von Kaffee auf die Leistungsfähigkeit
Die derzeit aussagefähigste Untersuchung zu den Effekten von Kaffee auf die sportliche Leistungsfähigkeit stammt von Grgic et al (19) und wird im folgenden Schaubild von Adam Virgile zusammengefasst:
An Cross-Fit-Athleten zeigt ein gegenläufiges Ergebnis mit der Verabreichung von 6mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht keinen Effekt, weder auf die Performance, noch auf Marker der Regeneration (28).
Fazit
Regelmäßiger Kaffeekonsum wird bis zu einer bestimmten Menge mit einer Reihe äußerst positiver Effekte auf die Gesundheit in Verbindung gebracht. Auch ein Einfluss auf die akute Leistungsfähigkeit scheint von Kaffee gegeben, allerdings behält hier reines Koffein aus gezeigten Gründen zumindest in der Praxis die Überhand.
Resümee
Coffee-Nap und Coffee-Prep erweisen sich als zwei effektive Möglichkeiten, das Stimulans Koffein auf zwei völlig unterschiedliche Arten gewinnbringend zum Einsatz zu bringen. Darüber hinaus sind die gesundheitlichen Benefits von Kaffee wirklich beeindruckend, weshalb man nur dann kein Kaffee-Trinker sein sollte, wenn er einem geschmacklich absolut nicht zu sagt.
PROBIERT ES AUS
Sportlicher Gruß
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Quellen
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20164566
- https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1600-0773.1995.tb00111.x
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20003123
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9401427
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14652086
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- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24235903
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- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16453980
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4462044/
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- https://academic.oup.com/ajcn/article-abstract/109/3/635/5369497?redirectedFrom=fulltext
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- https://bjsm.bmj.com/content/bjsports/early/2019/03/29/bjsports-2018-100278.full.pdf
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- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10344585
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=30352712[pmid]
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- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6245613/
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0261561418325639
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- https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0260106018810941
- https://physoc.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1113/expphysiol.2006.034223
- https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/003655299750025525
Darstellung