Der Einsatz von Yohimbin für die Fettverbrennung und hier nochmal ganz spezifisch für hartnäckige Fettpolster die partout nicht verschwinden wollen zählt zu den Geheim-Tipps der Fitness- und Bodybuilding-Szene. Die gute Nachricht zuerst! Yohimbin ist bis heute NICHT Bestandteil der WADA-Verbotsliste (1)! Heißt im Klartext, sofern Yohimbin wirklich wirkt, wäre es auch eine gewinnbringende Ergänzung die durchaus auch für Sportler in Frage kommt die vom IOC kontrolliert werden oder an Natural-Wettkämpfen Teil nehmen. Erlaubt und effektiv – gibt es so etwas heute noch? Finden wir es heraus!
Das ist Yohimbin
Yohimbin bezeichnet einen aktiven Wirkstoff der aus der Rinde des afrikanischen Yohimbe-Baumes gewonnen wird. Yohimbin fungiert als sog. Alpha-2-Rezeptor-Antagonist. Etwas verständlicher ausgedrückt steht dies dafür, dass Yohimbin bestimmte Andockstellen an Zellen vermag zu blockieren die eigentlich für eine Hemmung von Noradrenalin verantwortlich sind. Noradrenalin ist wiederum vielen ein Begriff als Neurotransmitter und Gegenstück zu Adrenalin. Beide sind Teil des sympathischen (aktivierenden) Nervensystems mit dem zu Ur-Zeiten die „Fight or Flight“-Reaktion eingeleitet wurde. Unter dem Einfluss von Adrenalin und Noradrenalin erhöhen sich nicht nur Blutdruck und Herzfrequenz, sondern auch die Bereitstellung von Energie aus unseren Energiedepots zu denen natürlich auch unsere Fettzellen zählen. Die „Problemfettzone“ wird zu einer solchen, da man den dort ansiedelnden Fettzellen eine hohe Sättigung besagter Alpha-2-adrenergen Rezeptoren nachsagt. Diese fungieren hier wenn man so möchte als „Lipolyse-Bremse“ und vereiteln spezifisch am besagten Gewebe die Freisetzung von Fettsäuren für den anschließenden Verbrauch via „Tiere töten“, „um sein Leben rennen“ oder eben via Training zur Fettverbrennung.
Studien zeigen tatsächlich, dass Yohimbin in der Lage ist nicht nur das Noradrenalin Aufkommen im Blut zu erhöhen (2), sondern auch die Lipolyse zu steigern (3). Eine Steigerung der Lipolyse geht einher mit einem Anstieg des Aufkommens an freien Fettsäuren im Blut und damit einer Mobilisierung von Fettsäuren aus den Fettzellen (4). Ebenfalls ein Lipolyse fördernder Effekt ausgehend von Yohimbin zeigt sich über eine vermehrte Durchblutung (5). Mit Anwendung eines Kombinationspräparates aus Yohimbin, Koffein und Synephrin (beide ebenfalls aktuell kein Doping (1)) zeigt sich eine erhöhte Stoffwechselrate und in diesem Zusammenhang ein Mehrverbrauch von bis zu 200 Kalorien pro Tag.
Lipolyse ist nicht gleich Fettoxidation!
Ein großer Fehler der oftmals bei der Interpretation von Studien gemacht wird bezieht sich auf den Umgang mit den Begrifflichkeiten Lipolyse und Fettoxidation. Während Lipolyse im ersten Schritt lediglich das Bereitstellen von Fettsäuren aus den Depots im Blut zur anschließenden Verbrennung definiert, bleibt dieser Vorgang unbedeutend sofern nicht zeitgleich auch ein entsprechender Bedarf besagter Fettkalorien stattfindet. Wer also mit Yohimbin arbeitet und in diesem Zusammenhang nicht kämpft, flüchtet oder anderweitig seinen Kalorienverbrauch erhöht wird davon keinen Vorteil im Sinne einer vermehrten Fettoxidation (Fettverbrennung) in den Mitochondrien erfahren.
MERKE – PILLE ERSETZT NICHT ERHÖHTEN VERBRAUCH VIA TRAINING
Das sagen Studien
Fettabbau
Andres als erwartet, finden sich nur sehr wenige Studien zum Einsatz von Yohimbin für Fettabbau.
Im Tiermodell (7) konnte mit der Einnahme von 5mg Yohimbin pro Kilogramm Körpergewicht, nicht aber mit 2mg/kg/kg ein signifikanter Effekt auf das Körpergewicht in Zusammenhang mit fettreicher Ernährung beobachtet werden. Da diese Zufuhrmenge jeglichen Rahmen einer Verabreichung beim Menschen sprengt irrelevant!
21 Spitzenfußballer (8) erhielten 21 Tage lang entweder ein Placebo oder aber eine Gesamtdosis von 20mg Yohimbin verabreicht die auf zwei Gaben pro Tag aufgeteilt eingenommen wurde. Es zeigte sich eine verglichen zur Placebo-Gruppe signifikante Senkung sowohl des Körperfettgehalts als auch bei Körperfett und das obwohl der Körperfettgehalt der Probanden bereits als gering bezeichnet werden konnte. Die Studie wird von „Yohimbin-Gegner“ kritisiert, bis heute jedoch häufig zitiert.
Die topische (als Creme über die Haut) Anwendung von Yohimbin zeigte bei Greenway et al (9) keinerlei Effekt auf die Reduzierung von Körperfett. Wird Yohimbin jedoch mit Forskolin und Aminophyllin kombiniert steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine Wirkung in diese Richtung.
Eine gut aufgestellte Studie (Placebo kontrolliert und doppelblind) (10) untersuchte den Einfluss von Yohimbin an 47 Männern im Durchschnittsalter von 42 Jahren auf Körpergewicht, Körperfett sowie Körperfettverteilung und stellte ebenfalls keine signifikanten Effekte auf eine der Messgrößen fest.
An 20 fettleibigen Frauen (11) wurde Yohimbin über 3 Wochen in Zusammenhang mit starker Kalorieneinschränkung (1000kcal/Tag) getestet. Eine Gruppe erhielt 4x täglich 5mg Yohimbin (20mg/Tag) während der anderen Gruppe lediglich ein Placebo verabreicht wurde. Die Yohimbin-Gruppe verlor signifikant mehr Körpergewicht als die Placebo-Gruppe (3,55 verglichen mit 2,21kg).
Ebenfalls an dickleibigen Probanden (12) untersuchten Berlin et al unter starker Kalorieneinschränkung die Effekte von entweder 18mg Yohimbin pro Tag oder einem Placebo über 8 Wochen. Hier zeigte sich weder eine erhöhte Lipolyse noch eine positive Veränderung sonstiger Adipositas-Marker.
Appetitzügler
Auch als potenzieller Appetitzügler wird Yohimbin gehandelt. In zwei Tierstudien (13,14) führten 3 bis 5mg Yohimbin pro Kilogramm Körpergewicht (eine für den Menschen utopische Dosis) zu einer Verringerung der Nahrungsaufnahme. Ein vergleichbarer Effekt war mit 1mg/kg/kg nicht nachweisbar. Am Menschen scheint Yohimbin keine Verzögerung der Magenentleerung zu bewirken (15,16).
Problemzonen
Aus der Studie von Bergmann et al (17) geht hervor, dass Bauchfettzellen bei adipösen Frauen eine höhere Affinität zu Yohimbin aufweisen als Fettzellen im Gesäßbereich. Diese Feststellung stünde eigentlich genau entgegen der These die besagt, dass man mit Yohimbin gerade das Fett im Bereich der typischen Problemzonen erreicht. Eine Studie von Sax et al (21) äußert sich ebenfalls wenig euphorisch hinsichtlich eines positiven Effekts auf die Körperfettentwicklung sowie Körperfettverteilung zumindest bei Männern und das trotz einer Einnahmemenge von bis zu 43mg pro Tag in Verbindung mit regelmäßigem Training und hypokalorischer Ernährung. Einzig eine Studie von Hellstrom et al (22) zeigt, dass gerade bei adipösen Frauen mit einer hohen Expression von Alpha-adrenergen-Rezeptoren an den Fettzellen verbesserte Abnehmerfolge mit Einsatz von entsprechenden Antagonisten wie Yohimbin eintreten können.
Welche Darreichungsform?
Yohimbin unterliegt in Deutschland der Rezeptpflicht und darf von EU-Herstellern nicht mehr in Ergänzungen verwendet werden. Anders sieht es bei Yohimbe Bark Extrakt aus, wenngleich deutlich bessere Effekte mit der standardisierten Version als Yohimbin HCL zu erwarten sind. Wer es dennoch mit dem Extrakt der ganzen Wurzel versuchen möchte muss für 8-10mg Yohimbin etwa 750mg Yohimbe Bark Extrakt einnehmen.
Wie viel ist sicher und notwendig?
Die Einnahme von Yohimbin ist nicht zwangsläufig frei von Nebenwirkungen. Wenngleich nicht alle Studien von negativen Begleiterscheinungen berichten (8) gibt es auch Studien (23) in denen erhöhte Herzfrequenz und erhöhter Blutdruck auftraten. Schon 10mg Yohimbin schwächten bei übergewichtigen Frauen in Zusammenhang mit einer hypokalorischen Diät die Herzleistung und sorgten für mehr notwendige Herzarbeit unter dynamischer Trainingsbelastung (20). Die EFSA sieht die Studienlage als nicht ausreichend an um einen Vorschlag zu einer unbedenklichen Menge pro Tag auszugeben (24). Anwender berichten individuell verschieden entweder von völlig ausbleibenden Nebenwirkungen bis hin zu Unruhe, Herzrasen und kaltem Schweiß schon ab Dosierungen von 5mg täglich.
Die wohl gängigste Einnahmeempfehlung liegt bei 0.3mg/kg Körpergewicht, wobei Mengen unter 20mg in der Szene generell und unabhängig vom Körpergewicht als wenig effektiv angesehen werden.
Wie gestalte ich die Einnahme?
Die orale Bioverfügbarkeit von Yohimbin liegt im Bereich zwischen 20 bis 30%. Die Halbwertszeit beträgt 15 bis 20 Minuten. Die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Serumkonzentration liegt bei 20 bis 40 Minuten. Wird Yohimbin zusammen mit anderer Nahrung (und insbesondere mit Kohlenhydraten) verabreicht reduziert sich der Effekt (18). Der lipidmobilisierende Effekt von Yohimbin erhöht sich mit körperlicher Betätigung (19). Aus diesen Informationen lässt sich ableiten das die Einnahme von Yohimbin am besten in Verbindung mit sportlicher Aktivität und ohne gleichzeitige Verabreichung mit Nahrung stattfinden sollte.
Resümee
Der theoretische Gedanke hinter dem Einsatz von Yohimbin klingt äußerst schlüssig. Wissenschaftlich steht sein Einsatz gerade für Körperfettreduktion und hier auch für die gezielte Reduktion von Problemzonenfett jedoch auf einem sehr wackeligen Fundament. Es fehlt an kontrollierten Studien die einen Effekt von oral verabreichtem Yohimbin nachweisen. Insbesondere im Langzeitmodell wurde noch gar nicht in diese Richtung geforscht. Yohimbin wird trotz aller Unklarheiten und Kritik bereitwillig in der Praxis verwendet mit durchwachsenen, dennoch aber teilweise großartigen Erfolgen sowohl bei Athletinnen als auch bei Athleten. An diesem Punkt trennen sich wie so oft Wissenschaft und angewandte Praxis voneinander. Der einzig praxisrelevante Tipp den man abschließend geben kann ist also der individuelle Selbstversuch!
Sportlicher Gruß
www.Body-Coaches.de
Quellen
(1)
https://www.wada-ama.org/sites/default/files/resources/files/2018_prohibited_list_german.pdf
(2)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8373709?dopt=Abstract&holding=f1000,f1000m,isrctn
(3)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17954040
(4)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8373709?dopt=Abstract&holding=f1000,f1000m,isrctn
(5)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18054844?dopt=Abstract&holding=f1000,f1000m,isrctn
(6)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19656409
(7)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4624629/
(8)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17214405
(9)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8697059
(10)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1960007
(11)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1955308
(12)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3795978
(13)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1475285
(14)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4624629/
(15)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1955308
(16)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2251208
(17)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9550547
(18)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11744068
(19)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2906290
(20)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9545623
(21)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1960007
(22)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9130030
(23)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19656409
(24)
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.2903/j.efsa.2013.3302
Bildquellen
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Yohimbe.jpg
https://pxhere.com/de/photo/155257