Vorwort – Warum ein neues Ernährungssystem?
Diese Frage haben sich sicher viele von Ihnen gestellt, als Sie von HBN erfahren haben. Nun ist es so, dass ich im Laufe meiner sportlichen Laufbahn und vor allem im Laufe der Tätigkeit als Nutrition-Coach so ziemlich jedes Ernährungssystem kennengelernt habe. Einige davon schlagen einen sehr einseitigen Weg ein, indem bestimmte Makronährstoffe komplett gestrichen werden (ketogene Diät), andere wiederum verzichten auf tierische Lebensmittel (Vegetarismus) oder weisen besonders auf den Verzehr bestimmter Lebensmittel hin, deren Kombination sehr vielversprechend erscheint (mediterrane Ernährung).
Es gibt rein kraftsport-spezifische Ernährungsformen, die den Verzehr von Kohlenhydraten in erheblicher Menge zu bestimmten Zeitpunkten als nötig ansehen (Carb-Backloading), aber auch solche, bei denen Kohlenhydrate nur einen zweitrangigen Stellenwert einnehmen (Metabole Diät). Wieder andere Systeme schlagen aberwitzige Rezepte vor, deren Verwirklichung zum einen eine Ausbildung als Koch und etwa 3 Stunden täglich an Zeit erfordert, dann aber sehr schmackhaft zum Ziel führt (Dukan Diät). Manche Ernährungsformen nehmen auf die Auswahl der Makronährstoffe an sich große Rücksicht und befassen sich auch mit wichtigen Themen wie dem nötigen Proteinbedarf und der Fettsäuregewichtung. Andere hingegen lassen dieses Thema komplett außen vor.
Bei bestimmten Ernährungsformen darf man so viel essen, wie man möchte, andere sagen „FdH“ (Friss die Hälfte), geben strikte Kalorienbeschränkungen vor oder fordern uns zum Punktezählen auf (Weight Watchers). Letztlich gibt es auch bei der Zielsetzung einer Ernährungsform die unterschiedlichsten Ansätze, wie beispielsweise eine Senkung des Cholesterin-Aufkommens, die Reduktion von Körperfett oder aber die sportartspezifische Leistungssteigerung. Alles in allem habe ich mit dieser Einleitung nur eine kleine Auswahl des breiten Angebots angeführt, aus welchem sich die interessierte Person nun ihren Favoriten in Sachen Ernährungssystem aussuchen soll. Meistens werden derartige Entscheidungen über Empfehlungen von Verwandten oder Bekannten getroffen, bei denen eine bestimmte Diät schon zum Erfolg geführt hat.
Meine Motivation zur Erstellung eines neuen Ernährungskonzepts mit dem Namen HBN (Human Based Nutrition) stammt daher, dass ich von keinem der eben genannten Beispiele behaupten kann, dass sie mich ganzheitlich oder nahe zu 100 % überzeugen. Ich habe bereits mehrere Buchkritiken zu Ernährungsformen wie der anabolen Diät, der metabolen Diät oder Carb-Backloading verfasst. Geht man ins Detail, finden sich überall Ungereimtheiten und Fehler sowie Dinge, die entweder nicht oder falsch berücksichtigt wurden, wie beispielsweise hormonelle Gegebenheiten unseres Körpers. Einige der Modelle sind nur für ausgewählte Personenkreise durchführbar, d. h., die Zielgruppe ist sehr klein. In den meisten Fällen bleibt auch das Thema Alter unberücksichtigt, ganz zu schweigen von Unterschieden der Geschlechter, die eigentlich immer einer gesonderten Behandlung bedürfen.
Mit HBN werde ich versuchen, alles bisher Kritisierte aufzunehmen, zu verbessern und in meinem Konzept neu aufblühen zu lassen … HBN! Das nun folgende Werk ist kein Buch mit einem umfassenden Rezepte-Teil. Vielmehr möchte ich Ihnen eine umfassende Anleitung geben, wie Sie als Individuum Ihre Ernährung optimal auf sich einstellen können.
Überlegungen – Was gehört zu einem vollständigen Ernährungskonzept?
Zielgruppe Ein Ernährungssystem, das für jeden Menschen Gültigkeit besitzt und bei jedem Menschen zum gewünschten Erfolg führt, wird es nie geben. Viel zu individuell sind wir Menschen als solche, sind die Anforderungen, denen wir gerecht werden müssen, und auch die Leistungen, die wir psychisch und physisch jeden Tag zu erbringen haben. Dann gibt es noch die Mitmenschen mit metabolischen Krankheiten und solche, die unter Behandlung mit bestimmten Medikamenten stehen, welche Einfluss auf den Stoffwechsel und/oder das Organ- bzw. Drüsensystem nehmen.
Dennoch – geht man an die Basis (Base) des Menschen (Human), finden sich bestimmte Gegebenheiten, die bei allen Menschen gleichermaßen ablaufen und die sich auch alle zu einem bestimmten Muster zusammenstricken lassen, welches dann Rückschlüsse auf die bestmögliche Ernährung zulässt. Auch wenn ich selbst aus dem Leistungssport komme, werde ich HBN so gestalten, dass jeder Mensch, egal ob Sportler oder Nicht-Sportler, damit seine Ernährung in Richtung des gewünschten Zieles gestalten kann, sei es Leistungsverbesserung oder aber der Erhalt der Gesundheit. Besonders die Gesundheit ist es, die jedem von uns als teuerstes Gut am Herzen liegen sollte. HBN macht keine größeren Abstriche und ist für jedermann (und jede Frau) interessant.
Regeln, aber keine zu starren Vorgaben!
Kalorienbedarf Wenn es etwas gibt, das ich im Laufe meiner Tätigkeit als Ernährungs-Coach gelernt habe, dann die Tatsache, dass kein Mensch wie der andere ist. Insofern wird HBN Ihnen keine pauschalen Formeln zur Bestimmung Ihres Kalorienbedarfs liefern. Ich werde Ihnen jedoch aufzeigen, wie Sie für sich an diese Information herankommen, um dann individuell damit zu arbeiten.
Lebensmittelauswahl
Ich werde Ihnen keine expliziten Lebensmittel vorschreiben, die Sie essen müssen, werde aber Lebensmittel aufzählen, von denen ich eher abrate bzw. welche ich aufgrund bestimmter Eigenschaften empfehle. Wichtiger als die Auswahl der Lebensmittel an sich ist das richtige Timing (Nutrition Timing). Ein wirklich „schlechtes“ naturbelassenes Lebensmittel gibt es in meinen Augen nicht.
Mahlzeitenhäufigkeit
Wie oft gegessen werden sollte, wird in der Welt der Sporternährung und besonders in Hinblick auf Vorgaben bei Adipositas breit diskutiert. Im Rahmen von HBN werde ich Ihnen meine Sichtweise in Bezug auf die Mahlzeitenhäufigkeit darlegen. HBN schreibt Ihnen nicht vor, dass Sie 6 Mal am Tag zu essen haben. Einige Mahlzeiten erfüllen jedoch ihren Zweck und sollten nicht ausgelassen werden.
Zeitliche Vorgaben
Ein Ernährungskonzept ist immer nur so gut, wie seine Umsetzbarkeit möglich ist. Es gibt beispielsweise Konzepte, die sich mit allen Gegebenheiten des Menschen mehr oder weniger gut auseinandersetzen und dann zum Schluss kommen, dass ein Training und die entsprechende Ernährung dazu immer am Abend stattfinden müssen. Ganz schlecht sei es, mittags zu trainieren, und auch morgens wäre nicht optimal. Juhu … schreien jetzt alle Schichtarbeiter und andere Personen, die abends arbeiten, wie z. B. in der Gastronomie. Für sie sind derartige Konzepte anscheinend nicht geschaffen. Viel schlimmer noch – diese vermitteln ein schlechtes Gefühl in der Magengegend, da man ja nun nicht zur optimalen Zeit trainieren und auch entsprechend die Ernährung dazu nicht optimal timen kann.
Meine Devise lautet: Ein gutes Ernährungskonzept integriert sich in den Alltag und bestimmt ihn nicht!
Wie bereits erwähnt, soll es bei allen leistungsbezogenen Feinheiten in HBN auch um das Thema Gesundheit gehen. Viele Ernährungskonzepte beschäftigen sich stark mit der optimalen Energiebereitstellung zum Training und dem besten Makronährstoffverhältnis. Viel entscheidender – und das wird leider oftmals übersehen – ist es jedoch, von Grund auf eine ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen zu gewährleisten. Sie sind es, die unseren Körper funktionell und enzymatisch (nicht energetisch) am Laufen halten. HBN wird diesen Punkt nicht übersehen!
Der Leistungsaspekt
Wenn es um das Thema Leistungsernährung geht, muss man sich darüber im Klaren sein, dass Sport nicht gleich Sport ist und dass nicht nur der Umfang, sondern auch die Art der sportlichen Betätigung völlig unterschiedliche Bedürfnisse auf den Plan ruft. Ich werde auch hier bei HBN auf die Basis zurückgehen und das Thema Sport in aerobe und anaerobe Aktivitäten unterteilen. Auch wenn man diese Unterscheidung nicht zu 100 % treffen kann und nie nur Fett oder nur Kohlenhydrate verstoffwechselt werden, neigt dennoch jede Belastungsart zu einem bevorzugten Energiesubstrat, dessen Bereitstellung wichtiger ist als die Verfügbarkeit seines Gegenübers.
Over 40
Letztlich werde ich in HBN ein Kapitel mit dem Namen HBN – Over 40 einbauen, um auch der wachsenden Zielgruppe der älteren Gesellschaft endlich Anpassungen mit auf den Weg zu geben, die mit dem Altern nötig werden
Frauen und HBN
Ein grober Fehler Unzählige Ernährungs- und Diätprogramme befassen sich lediglich mit den körperlichen und hormonellen Gegebenheiten von Männern. Nirgends findet sich ein eigenes Kapitel für die Handhabung bei Frauen, sodass man beinahe denken könnte, Männer und Frauen seien hinsichtlich des Metabolismus und des Hormonhaushalts gleich.
Ein großer Irrtum!
Im nun folgenden Kapitel werden die Unterschiede zwischen Frauen und Männern beschrieben. Sie zeigen eindeutig, dass somit auch in Sachen Ernährung die eine oder andere Nuance anders gestaltet werden muss.
Zwischen Frauen und Männern bestehen Unterschiede hinsichtlich der Herz-Kreislauf-Funktion, der Atmung, der Sauerstoffausschöpfung und der Wärmetoleranz.
Frauen haben im Vergleich zu Männern eine schlechtere Ausdauerleistungsfähigkeit, sind weniger schnell und auch die Maximalkraft fällt geringer aus. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Frau nicht in der Lage ist, ihre Leistung signifikant zu steigern. Lediglich die Ausgangssituation ist eine andere.
Weibliche Muskeln unterscheiden sich neben der Fasergröße auch in der Anzahl der Mitochondrien und in einer verminderten Trainierbarkeit. Schuld daran ist die Vorherrschaft der weiblichen Sexualhormone (Östrogen und Progesteron) im Vergleich zu Männern, bei denen Testosteron dominiert. Frauen können dennoch sowohl die Kraftleistungsfähigkeit als auch die Muskelmasse enorm steigern.
Das Knochendichtemaximum liegt bei Frauen unter den Werten eines Mannes, folglich ist auch das Gewicht der Knochen eines Mannes in der Regel höher als das Gewicht der Knochen einer Frau. Männer profitieren wegen dieser Unterschiede vor allem durch bessere Hebelarme und eine bessere Kraftentwicklung in vielen Sportarten.
Frauen haben auch stärker mit Osteoporose zu kämpfen als Männer. Vor allem nach der Menopause (Wechseljahre) finden starke Verluste der Knochendichte von bis zu 3,5 % pro Jahr statt. Unregelmäßigkeiten im Hormonstatus und im Menstruationszyklus, der höhere Körperfettgehalt, aber auch falsche Ernährung können als Ursachen genannt werden.
Interessant ist, dass Frauen aufgrund eines niedrigeren Grundumsatzes für die gleiche Muskelarbeit weniger Kalorien benötigen als Männer. Zu bedenken ist auch, dass Frauen mit 4–4,5 l ein niedrigeres Blutvolumen im Vergleich zu Männern mit 5–6 l besitzen, was den Frauen einen leichten Nachteil in Sachen Thermoregulation verschafft. Da Frauen auch weniger schwitzen als Männer, ist deren Wärmetoleranz geringer als die der Männer.
Anders als bei Männern findet bei Frauen zum Belastungsende keine Verringerung des Blutzuckerspiegels statt. Dies lässt sich auf die Tatsache zurückführen, dass der Katecholaminspiegel bei Frauen deutlich höher ausfällt als bei Männern. Der bei Frauen vorherrschende höhere Triglyceridspiegel und in der Regel auch höhere Körperfettanteil begünstigt das weibliche Geschlecht, freie Fettsäuren eher als Energiequelle zu nutzen und somit Glukose zu sparen.
HBN OVER 40 -Was wir selbst in der Hand haben
Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Adipositas treten nicht automatisch mit dem Älterwerden auf. Die Entstehung ist stark abhängig davon, wie man lebt. Gehört man zu den Menschen mit erhöhtem Langzeitzucker, Insulinresistenz oder einer zu hohen Menge viszeralem Fett, macht man sich automatisch älter, als man ist. Überschüssiger Zucker im Blut schädigt die Gefäße, Augen und Organe und unterstützt die bereits angesprochene verschlechterte Durchblutung wichtiger Systeme. Ein Überaufkommen an viszeralem Fett ist Garant für den Anstieg sog. Entzündungsmarker bzw. das Aufkommen entzündungsfördernder Substanzen. Adipositas steht überdies in Zusammenhang mit der Entgleisung des Fettstoffwechsels, der Entstehung von Arteriosklerose und mit niedrigen Testosteronspiegeln. Diese senken das Aufkommen an Muskelmasse und damit den Grundumsatz sowie die Stabilität des passiven Bewegungssystems. Kommen dann noch Erscheinungen wie Bluthochdruck dazu, spricht man bereits vom sog. metabolischen Syndrom, dem Worst Case, was unser Stoffwechselgeschehen angeht.
Ein Teufelskreis beginnt, dessen Ursprung (neben einer möglichen genetischen Prädisposition) weniger etwas mit dem biologischen Altern als vielmehr mit der Lebensweise zu tun hat, die man bis dahin pflegte. Jetzt noch die übliche Portion Stress dazu, die in unserer stressgeplagten Gesellschaft beinahe schon üblich ist, und der Verfall im Alter ist quasi vorprogrammiert.
Was vorhin nur kurz angesprochen wurde, nämlich Muskelverlust im Alter, ist nicht nur ein metabolisches Problem, sondern etwas, das uns entscheidend unserer Lebensqualität berauben kann, indem Motorik, Beweglichkeit und Koordination eingeschränkt sind. So kann Muskelverlust mitunter Auslöser von Depressionen sein. Schwache Muskeln führen zudem besonders bei Gelenkverbänden, die muskulär geschützt sind, wie beispielsweise die Schulter, aber auch bei anderen Verbänden eher zu Arthrose.
Womit sind wir im Alter konfrontiert?
Auch wenn wir noch so vorbildlich leben, müssen wir uns bei einem guten Ernährungskonzept OVER 40 an bestimmte Gegebenheiten anpassen:
– Verminderte Bauchspeicheldrüsenfunktion
– Verminderte Resorptionsleistung des Darmes in Bezug auf Proteine, Fettsäuren und Mikronährstoffe
– Verminderte Produktion von Enzymen zur Zerlegung von Proteinen
– Rückgang der Sekretion von Magensäure und Schilddrüsenhormon
– Verminderte Bildung sonstiger Hormone, die in den Metabolismus eingreifen
– Weniger aktive Muskelmasse