Nach Teil 1 unserer BLOG-Reihe zu gängigen Mythen der Ernährung gehen wir heute mit 7 weiteren Thesen hart ins Gericht!
Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Lesen!
Mythos 8 – HFCS ist schädlicher als Zucker
HFCS ist die Abkürzung für High Fructose Corn Syrup. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Glukose und Fruktose. HFCS findet sich hierzulande als Fructose-Glucose-Sirup beispielsweise in Getränken, Süßwaren, Konserven, Marmeladen, Getreideprodukten, Joghurt oder anderen Milchprodukten. Studien zur Folge sei insbesondere der hohe Gehalt an Fruchtzucker in HFCS schuld daran, dass dieses Süßungsmittel die Entstehung einer Nicht alkoholischen Fettleber fördert (1,2). Tatsächlich enthält HFCS aber vergleichbare Mengen Fruchtzucker wie man sie in gewöhnlichem Haushaltszucker vorfindet. Der Fruchtzuckergehalt in HFCS liegt im Bereich von 42-55%. Saccharose (auch bekannt als Haushaltszucker) besteht zu 50% aus Fruktose (2). Der Unterschied (-8% bis +5%) ist zu gering, um hieraus einen signifikanten Unterschied ableiten zu können (2-4,30).
Fazit
Wer HFCS fürchtet, sollte es auch mit gewöhnlichem Haushaltszucker so halten. Die Unterschiede im Gehalt Fruchtzucker fallen bei genauem Hinsehen geringer aus als man vielleicht vermuten würde. Unterm Strich handelt es sich bei beiden Süßungsmitteln um verarbeitete Lebensmittelzusätze die aus gesamt gesundheitlicher Sicht zu minimieren sind.
Mythos 9 – Nahrungsergänzungen sind lebensnotwendig
Dies ist eine bevorzugte Denkweise von Nahrungsergänzungsfirmen und Gesundheitsgurus. Ein Argument ist, dass Pflanzen aufgrund intensiver Landwirtschaft, Nährstoff verarmter Böden und des steigenden Kohlendioxidgehalts (CO2) in der Atmosphäre immer weniger Nährstoffe enthalten (5,6,31).
Während man nun gegenargumentieren könnte, dass viele gängige Lebensmittel wie beispielsweise Milch oder jodiertes Salz nachträglich mit Nährstoffen angereichert werden (7), steht dem Ganzen ein stärkeres Ungleichgewicht aus Kalorien- und Nährstoffdichte entgegen, wie man es insbesondere vom schier unbegrenzten Angebot an verarbeiteten Lebensmitteln kennt.
Aus diesem Grund lässt sich zwar nicht pauschalisieren, Nahrungsergänzungsmittel seien für jedermann lebensnotwendig. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung wird dennoch selbst mit bewusster Kost nicht bei allen essentiellen Nährstoffen dauerhaft eine Bedarfsdeckung sicher stellen können. Abhilfe schafft hier NICHT die pauschale Einnahme von Vitaminpillen und Shakes, sondern die gezielte Bestimmung bestehender Nährstoffdefizite, die dann entweder via Lebensmittel oder aber spezifischer Ergänzungen ausgeglichen werden können. Im Sortiment von Body-Coaches findet sich hierzu eine sinnvolle Auswahl an Test-Kits zur Bestimmung des Versorgungsstatus. Beispielhaft zu nennen wäre der HS-Omega3-Index-Test oder aber die Bestimmung des Vitamin-D-Status.
Fazit
Nahrungsergänzungen haben ihre Berechtigung! Manche Menschen können von der Einnahme bestimmter Vitamine oder Mineralstoffe profitieren. Nahrungsergänzungen sollten dennoch eine gesunde Ernährung ergänzen – nicht ersetzen.
Mythos 10 – Nahrungsnährstoffe = Ergänzungsnährstoffe
Wie oft musstest du dir schon sagen lassen, Nährstoffe aus natürlichen Lebensmitteln seien grundsätzlich besser als synthetische Ergänzungsmittel? Natürlich verbindet man mit „natürlich“ erst einmal etwas Positives, während „synthetisch“ eher abstrakt und ungesund klingt (9). Wie bei nahezu jedem Thema gibt es auch hier keine klare Schwarz/Weiß-Differenzierung. Hierzu im Folgenden zwei Beispiele:
- Curcumin kann aus Kurkuma nur sehr ineffektiv aufgenommen werden. In liposomaler Form oder ergänzt mit Piperin, einem Extrakt aus schwarzem Pfeffer, erhöht sich die Bioverfügbarkeit von Curcumin jedoch dramatisch, weshalb man hier von der natürlichen Variante auf die Ergänzung wechseln sollte um von den Effekten zu profitieren (10).
- Das Gleiche gilt für bestimmte Vitamine. Phyllochinon (K1) aus Pflanzen ist fest an die Membranen gebunden und daher bedeutend schlechter bioverfügbar als Vitamin K2 wie man es aus Ergänzungen kennt (11).
Fazit
Auch wenn „natürlich“ erst einmal immer besser klingt, sollte man gerade beim Thema Nährstoffe und nochmal genauer bei funktionellen Substraten Vorurteile grundsätzlich über Bord werfen um herauszufinden, welche Darreichungsform tatsächlich die besten Effekte verspricht.
Mythos 11 – Frisches Obst und Gemüse ist gesünder als konserviert oder gefroren
Was würdest du aus dem Bauch heraus sagen: „Nährstoffe eher aus frischen Lebensmitteln oder aus dem Kühlfach bzw. der Konserve“? Fest steht – nur weil ein Lebensmittel frisch ist, bedeutet dies nicht automatisch das es auch nahrhafter ist (12,13).
Frische Produkte definieren sich entweder als „nachgereift“ (reift während des Transports) oder „rebengereift“ (wird reif gepflückt und dann verkauft). Tiefgefrorene Produkte verstehen sich in der Regel als „rebengereift“. Sie werden vor dem Einfrieren nur minimal verarbeitet. Die meisten Gemüsesorten sowie einige Früchte werden vor dem Einfrieren einige Minuten lang in heißem Wasser blanchiert. Dies inaktiviert gewisse Enzyme die ungünstige Veränderungen von Farbe, Geschmack, Geruch und Nährwert verursachen können (14). Konserven hingegen verstehen sich zwar ebenfalls als rebenreif, werden aber in der Regel stärker verarbeitet und verlieren so nicht selten essentielle Nährstoffe (15). Zusätzliches Manko der Konserve sind in vielen Fällen beigesetzter Zucker, Salz oder andere Konservierungsmittel. Hier lohnt sich also immer der Blick auf die Lebensmittelanalyse (15).
Fazit
Der Unterschied zwischen frischem und gefrorenem Obst sowie Gemüse erscheint aus Sicht des Nährstoffgehalts weitaus geringer als vielfach vermutet. Anders sieht es hingegen bei vielen angebotenen Konserven aus.
Mythos 12 – Lebensmittel mit der Bezeichnung „natürlich“ sind gesünder
Wenn ich heutzutage ein Produkt gut verkaufen möchte, versehe ich die Werbekampagne mit dem Begriff „natürlich“! Was bedeutet dieser Begriff aber wirklich und trifft er eine klare Aussage über die Wertigkeit und die Qualität eines Lebensmittels?
Bei Fleisch (16) weist die Angabe „natürlich“ beispielsweise darauf hin, dass es nur „minimal verarbeitet“ wurde und keine künstlichen Inhaltsstoffe (einschließlich chemischer Konservierungsmittel und künstlicher Aromen oder Farbstoffe) enthalten sind. Es bedeutet nicht notwendigerweise, dass dem Tier selbst keine Antibiotika und Hormone verabreicht wurden, bevor es zum Lebensmittel wurde (17,18). Wer Fleisch tatsächlich „hormonfrei“ und „antibiotikafrei“ anbieten möchte, muss hierfür eine gesonderte Dokumentation führen. Für die Bezeichnung „natürlich“ trifft dies nicht zu.
Bei anderen Lebensmitteln versteht man unter „natürlich“, dass diesen nichts „Künstliches“ oder „Synthetisches“ hinzugefügt wurde. Etwas präziser formuliert die FDA die Bezeichnung „natürlich“ als ein Produkt welchem weder Farbstoffe (unabhängig von der Quelle) noch andere synthetische Substanzen (einschließlich künstlicher Aromen) beigefügt wurden (17). Inwieweit „natürlich“ einen besonderen gesundheitlichen Benefit bedeutet wird nicht definiert.
Fazit:
Kontrollbehörden definieren den Begriff „natürlich“ nicht in Hinblick auf zu erwartende gesundheitliche Effekte eines Lebensmittels. Kurzum bedeutet „natürlich“ nicht zwangsläufig „gesund“ oder „gesunder“!
Mythos 13 – Du solltest „sauber“ essen
Wenn dir jemand den Rat gibt „iss sauber“ frag ihn doch einmal was er konkret darunter versteht?! Eine klare Definition zu „sauberem Essen“ existiert nicht! Für die einen bedeutet „sauber“, bestimmte Lebensmittel aus religiösen oder ethischen Gründen zu meiden (z. B. tierische Produkte) (19,20). Für andere bedeutet es, nur frische, rohe, natürliche und biologische Lebensmittel zu essen (21). Für wieder andere bedeutet „sauber zu essen“, darauf zu achten, dass ihr Obst und Gemüse frei von Pestiziden ist (22,23). Der einzig gemeinsamer Punkt den alle Clean-Eater gemein haben ist der des Ausschlusses. Ergo: Es wird festgelegt was „sauber“ ist in dem man festlegt was nicht gegessen werden sollte (24).
Fazit:
„Sauber Essen“ erscheint höchst schwammig in seiner Definition. Erfrage also immer was genau jemand darunter versteht wenn er von sich behauptet „sauber zu essen“.
Mythos 14 – Man sollte seinen Körper regelmäßig entgiften
„Einige Tage auf alles außer ausgewählte pflanzliche Säfte oder Tees verzichten und schon bin ich von innen gereinigt“ – So oder so ähnlich definiert sich die auf die Basis heruntergebrochene Philosophie von Detox-Kuren (25).
Hierbei gibt es eine Fülle an Denkfehlern für die man eigentlich einen separaten Beitrag bräuchte um alle zu beschreiben. Was man weiß ist, dass akute Toxizität ein medizinischer Notfall wäre und das chronische Toxizität von einem gut genährten Körper besser bewältigt werden kann als von einem Körper, den man absichtlich durch eingeschränkte Zufuhr an Energie und Nährstoffen schwächt. Leber, Nieren, Lunge und andere Organe (26) arbeiten rund um die Uhr, um schädliche Substanzen zu entfernen und die Abfallprodukte des Stoffwechsels auszuscheiden. Die Nährstoffzufuhr für besagte Organe und Einrichtungen zu reduzieren kann den natürlichen Entgiftungsprozess deines Körpers behindern (25,26)! Hinzu kommen sicher nicht gänzlich unberechtigte Hinweise zu möglichen Risiken, wie z. B. Nierenschäden ausgehend vom exzessiven Konsum grüner Smoothies (27) oder aber Leberversagen durch stete Verwendung von Detox-Tees (28).
Trotz dieser Diskrepanz in der Sinnhaftigkeit erfreuen sich Detox-Kuren hoher Beliebtheit. Dies begründet sich nicht selten über eine rasante Gewichtsabnahme. Wer seinem Körper Kohlenhydrate entzieht, kann (in Abhängigkeit der körperlichen Aktivität) damit binnen 24 Stunden seine Glykogenspeicher leeren. Der daraus resultierende Gewichtsverlust rührt größtenteils von einem Verlust an mit Glykogen gebundenem Wasser. Diese Art Gewichtsverlust relativiert sich in dem Moment wieder, in dem erneut mehr Kohlenhydrate und Flüssigkeit aufgenommen werden (29).
Fazit
Die körpereigene Entgiftung fördern bedeutet nicht den kurweisen Entzug von Nährstoffen, sondern vielmehr eine bewusste Lebensweise, angepasste Ernährung und Vollversorgung mit allen Nährstoffen um alle für die körpereigene Entgiftung verantwortlichen Systeme bei bester Funktionalität zu halten.
Resümee
Wieder einmal wird klar, dass Fehlinformationen wie Sand am Meer zu finden sind und man nicht immer alles direkt glauben sollte was man hört oder liest. Aber dass war noch nicht alles! Wir haben noch weitere Ernährungsmythen für dich! Aus diesem Grund steht Teil 3 quasi schon in den Startlöchern! Stay tuned!
Sportliche Grüße
www.Body-Coaches.de
Quellen:
1.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20086073/
2.
https://examine.com/nutrition/is-hfcs-worse-than-sugar/
3.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24612636/
4.
https://rucore.libraries.rutgers.edu/rutgers-lib/48154/PDF/1
5.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15637215/
6.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24867639/
7.
8.
https://examine.com/nutrition/not-so-safe-supplements/
9.
https://www.health.harvard.edu/staying-healthy/should-you-get-your-nutrients-from-food-or-from-supplements
10.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25500488
11.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8813897/
12.
https://examine.com/nutrition/fresh-vs-frozen-vs-canned-vegetables/
13.
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0889157517300418
14.
http://www.fao.org/3/y5979e/y5979e03.htm
15.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/5551011/
16.
https://www.sciencedaily.com/releases/2008/05/080512145154.htm
17.
https://www.fda.gov/food/food-labeling-nutrition/use-term-natural-food-labeling
18.
https://www.sciencedaily.com/releases/2019/06/190604131133.htm
19.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28040519
20.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15829014/
21.
https://examine.com/nutrition/awful-nutrition-myths/?utm_source=examine-insiders&utm_medium=email&utm_campaign=2021-01-14#ref79-1
22.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19879312/
23.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25005864
24.
https://examine.com/nutrition/healthy-unhealthy-food-trap/
25.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26167297/
26.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28140328/
27.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29203127/
28.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29204300/
29.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1615908/
30.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3649104/#!po=42.5000
31.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16030280/
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