Neben Alkohol, Rauchen und durchzechten Partynächten geht es nun auch Masturbation als vermeintlich schlechte Angewohnheit buchstäblich an den Kragen. Das „selbst Hand anlegen“ soll Aussagen zur Folge negative Effekte auf das Testosteronaufkommen hervorrufen. Insbesondere für Männer klingt ein Mangel am dominanten Sexualhormon höchst suboptimal. Immerhin ist von echten Testosteronmangel bekannt, dass er eine Reihe unschöner Begleiterscheinungen hervorruft, zu denen beispielhaft zählen:
- Erektionsstörungen
- Libido-Verlust
- Muskelverlust
- Schlafstörungen
- Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen
- Gynäkomastie
- Zunahme an Bauchfett
Die Bewegung „NoFap“ spricht sich öffentlich für einen zeitlich begrenzten Verzicht auf Masturbation, die Verwendung von Accessoires für Masturbation, sowie den Konsum von Pornografie aus. Was es wirklich für einen gesunden Menschen bedeuten kann, masturbieren einzuschränken erfährst du heute!
Viel Spaß
NoFap – Masturbation verboten
2003 (1) untersuchten Forscher an insgesamt 28 Probanden den Einfluss von „Ejakulations-Abstinenz“ auf den Testosteronspiegel. Sie stellten binnen 8 tägiger Abstinenz an Tag 7 einen Testosteron-Peak fest. Dieser erreichte eine Marke von 145,7% des sonst üblichen durchschnittlichen Testosteronwerts. Bereits an Tag 8 kehren die Werte wieder auf den Ausgangslevel zurück. Wurde die abstinente Phase verlängert, konnte der Testosteron-Peak nicht automatisch nochmals gezeigt werden. Die Forscher fanden heraus, dass eine 5-tägige Ejakulations-Abstinenz möglicherweise die Spermienbildung verbessert. Negative Rückkopplungsmechanismen in der Hypothalamus-Hypophysen-Hoden-Achse können sich jedoch am oder um den 7. Tag einer Abstinenz bereits negativ auf das Spermienaufkommen auswirken.
Ich persönlich würde daraus deuten, dass es für meine Fruchtbarkeit von Vorteil sein könnte, einige Tage nicht zu ejakulieren. Relevant erscheint so etwas wenn man vor hat ein Kind zu zeugen und dieses Unterfangen mit Problemen verbunden zu sein scheint. Ein kurzfristiger Testosteron-Peak an einem einzelnen Tag erschließt zunächst einmal keine grundsätzlichen Vorteile. Es wird vermutet, dass er der Regulation für die Bildung neuer Spermien dient.
Die Begründer der Bewegung NoFap (2) erschaffen daraus ein Konstrukt das es seinen Anhängern verbietet, gewisse Zeiträume ohne Masturbation oder Pornografie auszukommen. Die Phase der Enthaltsamkeit wird unterschiedlichen Angaben zur Folge auf mehrere Wochen bis sogar Monate festgelegt. Einmal muss nur auf Pornografie verzichtet werden, ein anderes Mal auch auf Masturbation. Sex mit dem Partner ist einmal erlaubt, ein anderes Mal sollte auch darauf verzichtet werden, zumindest mit Orgasmus.
Wer sich an alles hält soll angeblich eine Vielzahl an Vorzügen genießen
- Enthaltsamkeit fördere den Energielevel
- Enthaltsamkeit fördere die Konzentrationsfähigkeit
- Enthaltsamkeit fördere das Selbstwertgefühl
- Enthaltsamkeit fördere die sexuelle Attraktivität gegenüber dem anderen Geschlecht
- usw….
Witziger weise passen all diese angeblichen Vorzüge zu einem andauernden Anstieg des Testosteronaufkommens der aber mit den „NoFap“ Praktiken erst einmal in keiner Art und Weise gefördert wird.
Eine echte Basis für die NoFap Bewegung ist genaugenommen gar nicht erst vorhanden. Ejakulationsuntersuchungen über wenige Tage an einer Hand voll Probanden werden mit Pornografie, Enthaltsamkeit über mehrere Monate und angeblich daraus resultierenden dramatischen Vorzügen auf das gesamte Leben in Verbindung gebracht. Entweder habe ich etwas Grundlegendes übersehen oder der Beitrag könnte an dieser Stelle mit dem Prädikat PUMPITZ enden.
Was sagen Studien zu Enthaltsamkeit und Testosteron?
Exton et al (3) stellten im Rahmen einer 3-wöchigen Abstinenz in der Zeit nach einem Orgasmus erhöhte Testosteronlevel fest. Beobachtet wurde genau eine Stunde an 10 Probanden.
Eine alte Studie aus 1976 stellte in Verbindung mit Masturbation erhöhte Werte bei Steroidhormonen fest (4)
Positive Effekte von Masturbation
Erstaunlicher Weise (oder auch nicht) bringen andere Untersuchungen Masturbation in Verbindung in einer Vielzahl durchaus positiver Effekte wie beispielsweise:
- Besserer Schlaf (5)
- Hilfe bei Kopfschmerz oder Migräne (6)
- Geringeres Prostatakrebsrisiko bei Männern (7)
- Höheres Selbstwertgefühl bei Frauen (8)
- Stärkerer Sexualtrieb bei Frauen (9)
- Stressabbau (10,11)
- Stimmungsaufhellung (12)
- Verbesserte kognitive Funktion bei älteren Menschen (13)
- Positive Effekte auf das kardiovaskuläre Risiko (16)
Gefahren von Masturbation
Gefährlich wird es wie bei allem anderen auch, wenn der Drang zum Masturbieren über Hand nimmt und krankhafte Ausmaße annimmt. Wer ohne Hand anzulegen nicht mehr klar denken kann, Arbeit oder Schule ausfallen lässt, Feste, Feiern oder Treffen mit Freunden meidet, sollte sich ernsthafte Gedanken machen.
Wenn Männer mit einer falschen Technik ans Werk gehen und zu fest zupacken kann dies die Sensibilität beim Sex beeinträchtigen (14).
Einen Zusammenhang zwischen Masturbation und Depression haben bis dato nur wenige Studien untersucht (15). Was man zum heutigen Tage weiß ist, dass Masturbation per se keine Depressionen auslöst. Wenn es allerdings zu Schuldgefühlen oder Scham ausgelöst durch kulturell oder religiöse Werte kommt, kann dies Verstimmungen fördern.
Resümee
WAS EIN SCHWACHSINN! Ich weiß nicht was ich schlimmer finden soll. Menschen die eine Bewegung wie NoFap auf Basis eines quasi nicht vorhandenen Datenfundaments ins Leben rufen, oder die Schäfchen die sich einer solchen Sache blind anschließen ohne die Hintergründe zu hinterfragen.
Fest steht, eine gesunde Einstellung zu Masturbation, fernab von Scham oder Schuldgefühlen sowie ein normales Ausmaß sexueller Handlungen wird niemandem schaden. Die Vorteile gelegentlicher Masturbation überwiegen bei weitem.
AUF DIE PLÄTZE FERTIG LOS…… 🙂
Sportliche Grüße
Dein
Holger Gugg
Quellen:
(1)
https://link.springer.com/article/10.1631/jzus.2003.0236
(2)
(3)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11760788/
(4)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/135817/
(5)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12220320/
(6)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23430983/
(7)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27033442/
(8)
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/01614576.1991.11074029
(9)
https://www.jsm.jsexmed.org/article/S1743-6095(15)32585-6/fulltext
(10)
https://link.springer.com/article/10.1007/s10508-017-0975-8
(11)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4811943/
(12)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26060713/
(13)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4776624/
(14)
https://youngmenshealthsite.org/guides/masturbation/
(15)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4341317/
(16)