Wenn es Sport und hier insbesondere um Krafttraining und/oder Gewichtheben bei Kindern und Jugendlichen geht findet man neben befürwortenden Stimmen auch skeptische Meinungen (1,2). Dennoch spricht sich die Mehrheit aller Studien äußerst befürwortend für regelmäßiges Krafttraining und sogar Gewichtheben in jungen Jahren aus. Beide Sportarten sind in der Lage sportliche Leistung zu verbessern, das Verletzungspotenzial zu verringern und gesundheitliche Marker positiv zu beeinflussen (3-8).
Von entscheidender Bedeutung erscheint gerade bei dieser Zielgruppe eine gute Betreuung, sowohl in Sachen Trainingsaufbau (Volumen, Intensitäten) und Trainingstechnik (saubere Ausführung), also auch beim Umgang mit Regeneration (Ermüdung, Belastung, Überlastung) und in diesem Kontext auch bei der Gestaltung der Ernährung.
Um letztgenanntes, nämlich Richtlinien zur optimalen Ernährung für sportliche Jugendliche (13 bis 18 Jahre) soll es im heutigen Beitrag gehen.
Jugend – Zeit der Veränderungen
Das Jugendalter beschreibt eine Zeit, bedeutender körperlicher Entwicklung, wie z.B. die Körperzusammensetzung, Stoffwechsel- und Hormonschwankungen, die Reifung der Organsysteme und die Bildung von Nährstoffdepots, die sich alle auf die Gesundheit auswirken können (9,10). Die Teilnahme am Sport spielt bei den meisten Jugendlichen eine wichtige Rolle für die Förderung des psychischen Wohlbefindens und der Entwicklung eines gesunden Selbstbildes (11). Während man von Athleten positive Eigenschaften wie einen hohen Motivationsgrad oder eine hohe Schmerztoleranz kennt, besteht gerade hier auch eine gewisse Neigung zu vermehrten Essstörungen (12). Frühere Ergebnisse deuten beispielsweise daraufhin, dass unbedachte Kommentare von Trainern zum Gewicht oder zum Aussehen deren Sportlerinnen und Sportler Essstörungen hervorrufen oder aufrechterhalten können (14-15). Darüber hinaus kann auch der äußere Druck von Trainern, Gleichaltrigen, Eltern und sozialen Medien das Verhalten Jugendlicher beeinflussen (13).
Fazit
Die Jugend formt den Körper und den Geist. Der Werdegang wird beeinflusst von eigenen Handlungen aber auch von Dritten. Sportliche Betätigung kann im richtigen Ausmaß und mit der richtigen Einstellung förderlich sein, sollte aber insbesondere in dieser Phase nicht zu verbissen verfolgt werden, um negative Einflüsse zu vermeiden.
Energiebedarf jugendlicher Sportler
Während der gesamten Jugend wird Energie benötigt, um sowohl die Wachstums- und Entwicklungsbedürfnisse zu erfüllen (15). Wie bei Erwachsenen auch, kann der Energieverbrauch in Abhängigkeit etlicher Variablen stärker schwanken. Eine Studie von Carlsohn legt sich beim Energieverbrauch für jugendliche Sportler auf einen PAL-Wert zwischen 1,75 und 2,05 fest (16). Der PAL-Index (Physical Activity Level) drückt den Aktivitätslevel einer Person aus. Er lässt eine Ermittlung von Grundumsatz und Leistungsumsatz zu, liefert allerdings wie alle Algorithmen basierten Ermittlungen bestenfalls Annäherungswerte, die in der Praxis zu hinterfragen sind. Eine Arbeit von Benjamin Torun (17) wertete den Energieverbrauch Jugendlicher in Abhängigkeit des Alters und des Körpergewichts wie folgt aus (Auszug):
Fazit
Der Energieverbrauch von Jugendlichen orientiert sich am Alter und folglich der Entwicklungsphase und am Gewicht. Berechnungsmodelle liefern Annäherungswerte, die jedoch im Einzelfall immer kritisch zu hinterfragen sind.
Makronährstoffversorgung jugendlicher Sportler
Protein
Heranwachsende benötigen Protein zur Unterstützung deren körperlicher Entwicklung, sowie zur Verbesserung der Leistung im Training (9). Während des Spitzenwachstums, kann sich die Zunahme fettfreier Körpermasse im Bereich von ~ 2,3 g/Tag bei Mädchen und ~ 3,8 g/Tag bei Jungs bewegen. Dies entspricht in etwa dem Dreifachen der Zunahme gegenüber der Vorpubertät entspricht (18). Darüber hinaus zeigen Daten, dass körperlich aktive Jugendliche eine größere Zunahme fettfreier Körpermasse aufweisen als untätige Altersgenossen (19). Als Grund werden Unterschiede in der anabolen Sensitivität diskutiert, d.h. eine größere Effizienz in der Verwertung von Nahrungsprotein (20). Dasselbe gilt für die Zufuhr und Verwertung von Aminosäuren (21).
Eine Proteinzufuhr von ~ 1,5 g/kg/Tag (z. B. ~ 0,3 g Protein/kg×5 Mahlzeiten) gilt für aktive Jugendliche aus ausreichend, um alle trainingsbedingten oxidativen Aminosäureverluste zu ersetzen, die Ganzkörper-Netto-Protein-Bilanz zu verbessern und sowohl das normale Wachstum als auch die Entwicklung zu unterstützen (21,22)
Kohlenhydrate
Vorhandene Belege deuten darauf hin, dass sich der Kohlenhydratverbrauch bei Jugendlichen nicht wesentlich von dem der Erwachsenen unterscheidet (23,24). Bei der Ermittlung des Kohlenhydratverbrauchs sollten die Trainingsbelastung und typische Wettkampfcharakteristika berücksichtigt werden. Hier können sich Unterschiede zu Erwachsenen ergeben, da jugendliche Sportler nicht selten bei mehreren Organisationen und Einrichtungen aktiv sind (z. B. Schulen, Vereine) und es hier zu unterschiedlichen Energieanforderungen kommen kann.
- Für kurze Belastungen (unter 1 Stunde) können kleine Mengen Kohlenhydrate oder Kohlenhydrat-Mundspülungen insbesondere dann von Vorteil sein, wenn vor dem Training nicht gegessen wurde (25).
- Für länger andauernde Belastungen kann die Verabreichung von 0,6g leicht verdaulicher Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht und Stunde die Leistung fördern (25).
- Insgesamt gilt für Jugendliche wie auch für Erwachsene ansonsten die Vorgabe einer möglichst bedarfsgerechten Verabreichung von Gesamt-Kohlenhydraten im Verlaufe des gesamten Tages.
Fett
Eine ausreichende Fettaufnahme mit der Nahrung ist notwendig, um den Bedarf an fettlöslichen Vitaminen und essenziellen Fettsäuren zu decken. Fettsäuren helfen darüber hinaus bei der Bereitstellung von Energie für Wachstum und Reifung (26). Hinweise deuten auf eine leicht erhöhte Fettoxidationsrate (im Verhältnis zur fettfreien Masse) bei Sportlern unter 18 Jahren hin (27).
Für gewöhnlich wird sportlichen Jugendlichen eine Fettaufnahme in Höhe von 20 bis 35% der Gesamtenergieaufnahme empfohlen. Der Verzehr von Transfettsäuren sollte möglichst niedrig und in jedem Falle unter 10% der Gesamtenergieaufnahme liegen (28,29). Ändert sich der Energiebedarf sollte sich auch die Aufnahme von Nährstoffen am jeweils verbrauchten Substrat orientieren nach dem Motto „Mehr Brennstoff für die geleistete Arbeit“ (30).
Fazit
Der Makronährstoffbedarf jugendlicher Sportler unterscheidet sich nicht maßgeblich von dem eines Erwachsenen. Fest steht jedoch, dass jeder Makronährstoff seine Berechtigung findet und daher gerade bei Jugendlichen von einseitigen Ernährungsmodellen ala ketogen, carnivor oder auch vegan abgesehen werden sollte. Sehr viel praktikabler gestaltet sich der Einsatz von ausgewogenen und bedarfsgerechten Ernährungsansätzen wie HBN – Human Based Nutrition.
Mikronährstoffbedarf von heranwachsenden Sportlern
Eisen
Bei Sportlern und nochmals vermehrt bei weiblichen Sportlern finden sich häufiger niedrigere Eisenwerte als bei Nicht-Sportlern. Das Erkennen und frühzeitige Kompensieren eines Eisenmangels ist vor allem bei jugendlichen Sportlern von Bedeutung da Wachstum den Eisenbedarf von Jugendlichen im Vergleich zu älteren Sportlern nochmals erhöht (31,32). Bezogen auf Leistungswerte ist ein Eisenmangel in der Lage die Ausdauerleistungsfähigkeit sowie aerobe Anpassungsreaktionen an das Training zu beeinträchtigen (33,34).
Calcium
Der Kalziumbedarf ist am höchsten während des pubertären Wachstumsschubs. Die Rate der Kalziumakkumulation im Skelett während der Pubertät wird auf etwa 300 mg/Tag geschätzt (35).
Spezifische Einnahmeempfehlungen für Sportler gibt es derzeit bei Calcium nicht. Empfehlungen zur Calciumaufnahme für Heranwachsende variieren von Institution zu Institution, werden jedoch meist zwischen 800 mg/Tag bis 1300 mg/Tag angegeben.
In Verbindung mit hochintensiven Übungen und in gewissem Maße auch mit Widerstandstraining geht man von einem erhöhten Knochenmineralgehalt bei trainierenden Jugendlichen aus. Wenngleich man diesen Effekt eher als gering einstuft (typischerweise <6 % Unterschied) und nicht davon ausgeht, dass er maßgeblich den Bedarf erhöht, kann ein erhöhter Knochenmineralgehalt dennoch maximale Leistungswerte ausgehend von der Hüfte erhöhe und die Osteoporose-Wahrscheinlichkeit im späteren Leben verringern (36-38).
Vitamin D
Vitamin D ist für seine Rolle bei der Knochengesundheit bekannt, es hat jedoch auch viele Funktionen in anderen physiologischen Systemen (z. B. Immunsystem, Muskelsystem). Vitamin-D-Mangel wird abnehmender Funktionalität der Skelettmuskulatur, Muskelschmerzen und Muskelschwäche sowie Entzündungen in Verbindung gebracht und kann die Verletzungsanfälligkeit erhöhen (39).
Ähnlich wie bei erwachsenen Sportlern besteht auch bei Sportlern in der Entwicklung eine hohe, insbesondere saisonale, Wahrscheinlichkeit für einen Vitamin-D-Mangel (40-42). Empfehlungen zur Vitamin D Zufuhr bei Jugendlichen, unterscheiden sich je nach Institution (Australien=5μg/Tag, USA/Kanada = 15μg/Tag, europäische Länder zwischen von 10 bis 20μg/Tag), sollten dennoch aber anstelle von feststehenden Einnahmeempfehlungen besser über die Bestimmung des vorherrschenden Vitamin D Status festgelegt werden. Ein Vitamin D-Status von 50-60ng gilt auch für jugendliche Sportler als optimaler, anzustrebender Wert über das ganze Jahr hinweg (43,44).
Fazit
Während der Calcium-Status schwierig genau zu bestimmen ist, kann und sollte man bei jugendlichen Sportlern regelmäßig den Versorgungsstatus von Eisen und Vitamin D überprüfen. Alle drei Nährstoffe beeinflussen neben der Entwicklung auch die Leistungsfähigkeit maßgeblich.
Nahrungsergänzungsmittel bei Sportlern in der Entwicklung
Der Einsatz von Nahrungsergänzungen für jugendliche Sportler ist sicher ein heikles Thema, zu dem es im Hinblick auf Wirksamkeit und langfristige Sicherheit noch relativ wenig Studienmaterial gibt. Aus diesem Grund wird es als allgemein unangemessen angesehen, Jugendlichen zu Nahrungsergänzungsmitteln zu raten (48,49). Diese Gegebenheit hält Jugendliche jedoch nicht davon ab, sich Nahrungsergänzungen zu bedienen, weshalb man mit blauäugigen, Theorie basierten Statements nicht weit kommt (46,47).
Zunächst einmal sollte man sich als Jugendlicher aber auch als Betreuer, Coach oder Elternteil natürlich um eine möglichst vollumfängliche Aufnahme von Nährstoffen über die Nahrung bemühen. Da eine Vollversorgung jedoch schwierig nur über Ernährung zu erreichen ist, rechtfertigt sich in jedem Falle, wo nötig, die klinische Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln (z. B. Kalzium, Eisen, Vitamin D) wenn diese unter angemessener Anleitung durch entsprechend qualifizierte Gesundheitsfachkräfte (z. B. Arzt, Sportdiätassistent) eingenommen werden (45).
Zu sehr gut untersuchen Substanzen zur Leistungssteigerung wie beispielsweise Creatin lassen sich konkrete Einnahmeempfehlungen (3 bis 5g pro Tag) und zeitgleich Sicherheit bereits aus Studien entnehmen. Insgesamt muss der Einsatz von Nahrungsergänzungen zur Beeinflussung der sportlichen Leistungsfähigkeit bei Jugendlichen genau recherchiert und gut abgewogen werden.
Fazit
Der Einsatz von Nahrungsergänzungen gilt für Jugendliche als unangemessen und wird dennoch auf breiter Front praktiziert, weshalb es mehr Forschung zu spezifischen Einnahmegepflogenheiten dieser speziellen Zielgruppe geben sollte.
Resümee
Heranwachsende Sportler haben einen besonderen Nährstoffbedarf, der sich aus sportlicher Belastung aber auch aus den Anforderungen des Wachstums und der Entwicklung ergibt. Bei der Versorgung sollte darauf geachtet werden, in Summe genug Kalorien und diese bedarfsgerecht verteilt auf die einzelnen Makronährstoffe zuzuführen. Auch eine gewisse Regelmäßigkeit, sowie ein gewisses Timing wie im Beispiel von Kohlenhydraten ist von Bedeutung. Neben den Makronährstoffen sollte besonderes Augenmerk auch auf die Zufuhr von Kalzium-, Vitamin-D- und Eisen gelegt werden, um die Gefahr eines Mangels auszuschließen. Nahrungsergänzungen sollen wo nötig zur Vollversorgung da zum Einsatz kommen, wo eine ausgewogene Ernährung nicht ausreicht, um den kompletten Nährstoffbedarf zu decken. Der weiterführende Einsatz von Nahrungsergänzungen zur Leistungsbeeinflussung ist im Einzelfall gut abzuwägen und hochindividuell festzulegen.
Quellen
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(2)
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(8)
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(13)
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(14)
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(15)
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02640414.2010.521946
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